Eskapismus in ein musikalisch-meditatives Nichts
„Der Klang der Offenbarung des Göttlichen“als Gastspiel im Wiener Volkstheater
Kritik. Sicher, auch das kann Theater sein. Und als Schöpfer kann man auch mit einem derartigen Unterfangen Erfolg haben. Vor allem, wenn man ausführlich sämtliche philosophischen Überlegungen im besten (also hoch artifiziellen) Dramaturgenstil an das Publikum bringt. Genau das ist der Fall bei „Der Klang der Offenbarung des Göttlichen“des isländischen Universalkünstlers Ragnar Kjartansson und des Komponisten Kjartan Sveinsson, der vor allem als Keyboarder der legendären Rockgruppe Sigur Rós Bekanntheit erlangt hat.
Also zur Theorie: Die beiden Künstler berufen sich auf den Ende der 1930er-Jahre entstandenen Roman „Weltlicht“des isländischen Literaturnobelpreisträgers Halldór Laxness, in dem ein Poet auf der Suche nach Kunst und Schönheit ist. Weiters geht es um die sogenannten „Pictorial Music Plays“, die der britisch-deutsche Künstler Hubert von Herskomer Ende des 19. Jahrhunderts propagierte. Salopp formuliert: Ein Theater ohne Schauspieler, dafür mit Bildern und Musik.
Landschaften
Und genau das nehmen Ragnar Kjartansson (Regie und Bühne) sowie Kjartan Sveinsson (Musik) für ihr. . . ja, was eigentlich? Man sieht insgesamt vier karge Tableaus Vivants, die mit den vier Sätzen der Komposition korrespondieren. Die isländische Landschaft wird als herb, auch unwirtlich, aber schön dargestellt. Berge, Baumstümpfe, blaue Stoffbahnen als Symbol für das Wasser, Schneefall oder real brennendes Holz – das Spiel mit diversen Farben und Symbolen ist in sich stimmig, ermüdet mit der Zeit aber auch. Vor allem, da sonst auf der Bühne nichts passiert.
Dafür sind die Streicher der Wiener Symphoniker (es gibt auch einen Percussionisten) und der Chorus sine nomine dicht gedrängt im Zuschauerraum vor der Landschaftsmalerei platziert. Johannes Hiemetsberger leitet beide Ensembles vorzüglich, wobei vor allem die Choristen auf ihren Notenblättern auch Lichtquellen anbringen müssen. Denn Dunkelheit ist – nebst vier Zwischenvorhängen – bei dieser Produktion Trumpf. Das ist alles sehr kontemplativ, meditativ und bewegt sich an der Grenze zum Eskapismus, endet aber im Nichts. Vielleicht sogar ein Grund für die Nachfrage nach dieser Tourneeproduktion.
Denn an der Musik kann es eher nicht liegen. Kjartan Sveinsson hat einen leise und öd-gleichförmig vor sich hinplätschernden Streicherklang geschaffen, der auf jeden Höhepunkt verzichtet. Man ist dankbar, wenn kurz die Windmaschine oder das Wellblech in Betrieb genommen werden. Musiziert wird dieser Klangbrei vorzüglich; der Chor säuselt sich exzellent durch irgendwelche Texte. Wer es braucht.