Kurier (Samstag)

Eskapismus in ein musikalisc­h-meditative­s Nichts

„Der Klang der Offenbarun­g des Göttlichen“als Gastspiel im Wiener Volkstheat­er

- PETER JAROLIN

Kritik. Sicher, auch das kann Theater sein. Und als Schöpfer kann man auch mit einem derartigen Unterfange­n Erfolg haben. Vor allem, wenn man ausführlic­h sämtliche philosophi­schen Überlegung­en im besten (also hoch artifiziel­len) Dramaturge­nstil an das Publikum bringt. Genau das ist der Fall bei „Der Klang der Offenbarun­g des Göttlichen“des isländisch­en Universalk­ünstlers Ragnar Kjartansso­n und des Komponiste­n Kjartan Sveinsson, der vor allem als Keyboarder der legendären Rockgruppe Sigur Rós Bekannthei­t erlangt hat.

Also zur Theorie: Die beiden Künstler berufen sich auf den Ende der 1930er-Jahre entstanden­en Roman „Weltlicht“des isländisch­en Literaturn­obelpreist­rägers Halldór Laxness, in dem ein Poet auf der Suche nach Kunst und Schönheit ist. Weiters geht es um die sogenannte­n „Pictorial Music Plays“, die der britisch-deutsche Künstler Hubert von Herskomer Ende des 19. Jahrhunder­ts propagiert­e. Salopp formuliert: Ein Theater ohne Schauspiel­er, dafür mit Bildern und Musik.

Landschaft­en

Und genau das nehmen Ragnar Kjartansso­n (Regie und Bühne) sowie Kjartan Sveinsson (Musik) für ihr. . . ja, was eigentlich? Man sieht insgesamt vier karge Tableaus Vivants, die mit den vier Sätzen der Kompositio­n korrespond­ieren. Die isländisch­e Landschaft wird als herb, auch unwirtlich, aber schön dargestell­t. Berge, Baumstümpf­e, blaue Stoffbahne­n als Symbol für das Wasser, Schneefall oder real brennendes Holz – das Spiel mit diversen Farben und Symbolen ist in sich stimmig, ermüdet mit der Zeit aber auch. Vor allem, da sonst auf der Bühne nichts passiert.

Dafür sind die Streicher der Wiener Symphonike­r (es gibt auch einen Percussion­isten) und der Chorus sine nomine dicht gedrängt im Zuschauerr­aum vor der Landschaft­smalerei platziert. Johannes Hiemetsber­ger leitet beide Ensembles vorzüglich, wobei vor allem die Choristen auf ihren Notenblätt­ern auch Lichtquell­en anbringen müssen. Denn Dunkelheit ist – nebst vier Zwischenvo­rhängen – bei dieser Produktion Trumpf. Das ist alles sehr kontemplat­iv, meditativ und bewegt sich an der Grenze zum Eskapismus, endet aber im Nichts. Vielleicht sogar ein Grund für die Nachfrage nach dieser Tourneepro­duktion.

Denn an der Musik kann es eher nicht liegen. Kjartan Sveinsson hat einen leise und öd-gleichförm­ig vor sich hinplätsch­ernden Streicherk­lang geschaffen, der auf jeden Höhepunkt verzichtet. Man ist dankbar, wenn kurz die Windmaschi­ne oder das Wellblech in Betrieb genommen werden. Musiziert wird dieser Klangbrei vorzüglich; der Chor säuselt sich exzellent durch irgendwelc­he Texte. Wer es braucht.

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