Kurier (Samstag)

ÜBER leben

- Guido Tartarotti guido.tartarotti@kurier.at

Ich habe meiner Freundin eine Flasche Maggi-Suppenwürz­e zum Geburtstag geschenkt, und sie hat sich gefreut. Alleine schon das Design erinnert an die Kindheit: Braune Flasche, gelbes Etikett. Sowas stand früher in jedem Gasthaus auf dem Tisch, zusammen mit Pfeffer, Salz und Zahnstoche­rn, gerne auch miteinande­r verpickt: Wer eines davon aufheben wollte, hatte alle in der Hand.

Ich denke bei Maggi immer ans Weinvierte­l. Mein Vater wollte damals unbedingt in der Gegend von Mistelbach wandern gehen, und seitdem weiß ich, wie das Weinvierte­l aussieht: neblig. Es nieselte, es war kalt, man sah keine drei Meter weit. Wir wanderten, mein Vater schwärmte von Hügeln und Feldern und Kellergass­en, aber man sah nichts außer Nebelsuppe. Nach einer Stunde hatten wir uns verirrt, als plötzlich ein Landwirt auf seinem Traktor vorbeifuhr. Mein Vater sagte „Mann der Scholle, gehe ich recht in der Annahme, dies sei der Weg nach Gurkenbruc­k?“, der Bauer antwortete „Jodo miasst’s ackerdurte­n Dullerwamp­nrucken doda. Afterpenze­n Hackemaus“, spuckte aus und verschwand mit seinem rostigen Massey Ferguson wieder im Nebel. Mein Vater sagte: „Ich glaube, wir sind richtig“, und wir wanderten feuchten Fußes weiter durchs Nirgendwo.

Stunden später erreichten wir halb verhungert eine Ortschaft, wo ein verfallene­s Wirtshaus stand. „Hier bekommst du eine gute Suppe, weil du so brav gewandert bist“, meinte mein Vater. Wir nahmen Platz, und mein Vater sagte zu dem hydrantenf­örmigen Wirten: „Zweimal Nudelsuppe, bitte.“Der Wirt antwortete „Leck mi am Oasch“und servierte Suppe, die so aussah wie der Nebel draußen und auch so schmeckte.

Wir versenkten den Inhalt einer MaggiFlasc­he in der gräulichen Flüssigkei­t – und hatten danach das Gefühl, noch nie etwas so Köstliches gegessen zu haben. Maggi ist ein Wundermitt­el, und vielleicht hilft es auch gegen Corona, schauen wir mal.

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