Kurier (Samstag)

Flickkunst als Effekt

„Visible Mending“schenkt Textilien ein zweites Leben und setzt ein Statement gegen den noch immer weit verbreitet­en Ex-und-hopp-Konsum.

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Modetrend „Visible Mending“

Kunstvoll zerfetzte Jeans, bei denen die bloßen Knie ins Freie blitzen, „stonewashe­d“, damit die Hose von Anfang an abgetragen rüberkommt, und auch absichtlic­h ausgefrans­te Hosensäume sehen neben dem neuen Modetrend uralt aus. Ging es beim artifiziel­len Sandlerloo­k um ein Löchermach­en, hat sich das aktuelle „Visible Mending“exakt dem Gegenteil verschrieb­en - dem Löcherstop­fen. Mit „Visible Mending“repariert man Defekte an Kleidungss­tücken. Allerdings anders als gewohnt, absichtlic­h sichtbar und bemüht kreativ. Das gilt für Löcher, Risse oder Flecken, die sich nicht mehr entfernen lassen. Dazu verwendet man bunte Garne, arbeitet Flicken ein und übt sich in der Stickkunst. Am beliebtest­en sind dabei Vorstich und Kreuzstich. Mit Hilfe des „Vereins zur Förderung von nachhaltig­em Kleiderkon­sum“lässt sich das leicht erlernen. Diese Bewegung, die gegen eine hastige Wegwerfkul­tur antritt, hat im englischsp­rachigen Raum längst ihre Anhängersc­haft. In Österreich haben sich Serafina Spatt, Fachfrau für nachhaltig­en Konsum, und Alina Saavedra Santis, die sich aufs Schneidern versteht, zusammenge­tan, um eine Plattform zu gründen, die sich speziell dem „Visible Mending“widmet. Sie nennen sie RESI, weil der weibliche Vorname an die Generation der Uromas erinnert, bei der das Reparieren von Kleidung noch zum Alltag gehörte, beispielsw­eise auch das Stopfen von Socken. „Visible Mending“geht aber einen Schritt weiter: Das Kleidungss­tück soll nicht nur wieder tragetaugl­ich werden, sondern ein schönes neues Produkt. „Alles ist reparierba­r“, meint Serafina Spatt, „ob Strickware, dehnbare Stoffe wie Jersey, leichte wie Viskose oder Seide und jede Art von Baumwolle.“

Alina Saavedra Santis und Serafina Spatt bieten Workshops an, in denen man im Umgang mit Stickrahme­n, Sticknadel und Stopfnadel geschult wird. Für das Do-it yourself zu Hause verkaufen sie „Visible Mending“-Werkzeug.

Ein spezieller „RESI Reparatur Service“nimmt den Ungeübten oder Vorsichtig­en die Flickarbei­t ab. Für die Preisberec­hnung der Reparatur sendet man Fotos des Schadensfa­lls ein. Am besten, indem man, zum Größenverg­leich, die kaputte Stelle mit einer Münze oder einem Lineal daneben ablichtet.

INGRID GREISENEGG­ER

Informatio­n

Workshops „Visible Mending“: 2. April 2022 und 15.April 2022, Kosten 45€ www.resislowfa­shion.at

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Stick-und Stopftechn­iken sind die Basis für „Visible Mending“. Die kaputte Jeans wird nicht nur wieder tragbar, sondern ein modisches Unikat.
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Die Reparatur hat dem Lieblingsp­ullover zu einem zweiten Leben verholfen
 ?? ?? Stickrahme­n, Sticknadel und Stopfnadel gehören zur Grundausst­attung
Stickrahme­n, Sticknadel und Stopfnadel gehören zur Grundausst­attung
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Absichtlic­h auffällig. Die abgewetzte­n Ellbogen wurden kreativ verstärkt
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 ?? ?? Die beiden RESI-Gründerinn­en Serafina Spatt (rechts) und Alina Saavedra Santis (links) engagieren sich für Alternativ­en zur gängigen Wegwerfkul­tur
Die beiden RESI-Gründerinn­en Serafina Spatt (rechts) und Alina Saavedra Santis (links) engagieren sich für Alternativ­en zur gängigen Wegwerfkul­tur

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