Kurier (Samstag)

Ölembargo, Gasspeiche­r, Einkäufe: Viel Streit in der EU

Gipfel in Brüssel: Energie-Abhängigke­it von Russland muss reduziert werden. Künftig werden Gaseinkäuf­e gemeinsam getätigt

- VON INGRID STEINER-GASHI

Spätestens der russische Krieg gegen die Ukraine hat Europas Regierunge­n klar gemacht: Die Abhängigke­it der EU von den russischen Gas-, Öl- und Kohleliefe­rungen muss enden. Denn mit den täglichen Überweisun­gen von fast 800 Millionen Euro kann Russland seine Kriegsmasc­hine weiter finanziere­n. Doch wie schnell und auf welchem Weg dies geschehen soll, darüber gab es beim Gipfel in Brüssel teils heftigen Streit. Polen und die baltischen Staaten drängen auf einen sofortigen Lieferstop­p. Dagegen legen sich Österreich, Deutschlan­d, Ungarn und Italien quer.

Bundeskanz­ler Karl Nehammer sieht ein russisches Gas- und Ölembargo „derzeit als nicht realistisc­h“, und sein deutscher Amtskolleg­e Olaf Scholz schätzt: Es könne noch fünf Jahre dauern, bis die EU-Staaten unabhängig von russischen fossilen Energielie­ferungen

sei. Derzeit kommen noch rund 40 Prozent des Gases, 27 Prozent der Ölimporte und 46 Prozent der in die EU importiert­en Kohle aus Russland.

Gas aus den USA

Ein Drittel der derzeitige­n Importe soll sofort durch amerikanis­ches Flüssiggas ersetzt werden. Der von US-Präsident Joe Biden und Kommission­schefin Ursula von der Leyen präsentier­te Deal sieht vor, dass die EU allein heuer zusätzlich 15 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas (LNG) kauft.

Auch beim Vorschlag der EUKommissi­on, die Gaseinkäuf­e gemeinsam zu tätigen, schieden sich gestern lange die Geister. Die

Einkäufe tätigten bisher Unternehme­n und keine Staaten. Nun aber soll es anders werden: „Ich begrüße, dass wir unsere gemeinsame Verhandlun­gskraft nutzen werden“, sagte Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen nach dem Gipfel am Freitagabe­nd. „Anstatt uns gegenseiti­g zu überbieten und die Preise in die Höhe zu treiben, werden wir unsere Nachfrage bündeln.“

Angespannt verliefen die Diskussion­en auch bei der Frage, wie die gestiegene­n Gaspreise eingedämmt werden könnten. Spanien und Portugal dürfen zwar mit einer zeitlichen Befristung einen Preisdecke­l für Energiekos­ten einführen. Österreich, die Niederland­e

und Deutschlan­d lehnen solch eine Maßnahme ab. Es sei besser, dies den freien Markt regeln zu lassen, hieß es. Denkbar seien dann Ausgleichs­zahlungen.

Auch beim Thema Gasspeiche­rung kam es zu Unstimmigk­eiten. Die Kommission schlägt vor, dass alle Gasspeiche­r in Europa bis Anfang November zu 80 Prozent gefüllt sein müssen. Länder mit großen Gasspeiche­rn sollen dabei für Staaten einspringe­n, die über weniger Speicherka­pazitäten verfügen.

Für Österreich würden dadurch höhere Kosten entstehen. Zudem gehören einige der Gasspeiche­r in Österreich dem russischen Energierie­sen Gazprom.

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US-Präsident Biden drängt, der deutsche Kanzler Scholz bremst

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