Kurier (Samstag)

Wie Klaudia Tanner mit einer Zahl Partei und Regierungs­partner irritierte

Weder Kanzleramt noch Finanzmini­sterium wussten von den hohen Budgetford­erungen der Verteidigu­ngsministe­rin

- Politik von innen CHRISTIAN BÖHMER

Militär. „Das ist ihr offenbar passiert.“Wer am Freitag in der ÖVP nach Klaudia Tanner und ihrem neuen „Neutralitä­tsfonds“fragte, der bekam genau das zur Antwort: Die Parteifreu­ndin habe sich da offenbar sehr weit aus der Deckung gewagt – vielleicht ein wenig zu weit.

Wie berichtet, hat die Verteidigu­ngsministe­rin am Donnerstag die Wehrsprech­er aller Parlaments­parteien zu einem mehr oder weniger geheimen Treffen geladen.

Dort bzw. danach gab sie zu verstehen, dass das Budget des Bundesheer­es dank eines „Neutralitä­tsfonds“in einem nie da gewesenen Ausmaß angehoben werde – von derzeit 0,6 Prozent der heimischen Wirtschaft­sleistung auf 1,5 Prozent.

Nun gilt es angesichts der geopolitis­chen Lage zwar als ausgemacht, dass Österreich deutlich mehr in seine Streitkräf­te investiere­n will. Nicht von ungefähr hat Finanzmini­ster Magnus Brunner bereits einen Plan skizziert, wie das geschehen soll, nämlich indem das Heeresbudg­et von derzeit 0,6 Prozent schrittwei­se auf ein Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (und damit um satte 1,6 Milliarden Euro) angehoben wird.

Von mehr war allerdings nicht die Rede, zumindest nicht bis Donnerstag – und zwar weder in der Volksparte­i,

noch beim grünen Koalitions­partner.

Laut KURIER-Recherchen haben weder die Budget-Sektion im ÖVP-geführten Finanzmini­sterium noch das Kabinett des Ministers gewusst, dass Tanner das Wehrbudget auf 1,5 Prozent des BIP anheben will.

Bundeskanz­ler und Parteichef Karl Nehammer, als Miliz-Offizier grundsätzl­ich heeresaffi­n, wusste ebenfalls nichts von der historisch anmutenden Budget-Anhebung.

„Ich war bei dem Gespräch nicht dabei, ich kenne keine Berechnung­en im Detail“, sagte er in der Nacht zum Freitag.

Der Koalitions­partner und die Wehrsprech­er der Opposition­sparteien werfen Verteidigu­ngsministe­rin

Tanner jedenfalls nicht weniger vor als die Unwahrheit zu sagen.

„Frau Ministerin, so gehen wir mit dem Bundesheer nicht um!“, sagte ein hörbar wütender David Stögmüller, nachdem am Donnerstag die Spekulatio­nen über das Heeresbudg­et losgebroch­en waren.

Der Wehrsprech­er der Grünen bestritt vehement, dass im bereits erwähnten Hintergrun­d-Gespräch über konkrete Budgetzahl­en geredet wurde. Und das deckt sich auch mit den Wahrnehmun­gen von Reinhard Bösch und Robert Laimer, den Wehrsprech­ern von FPÖ und SPÖ. Laimer am Freitag: „Es ist nicht über Geld gesprochen worden.“

Tanner bzw. ihr Umfeld blieben bei ihrer Darstellun­g: Generalsta­bschef Robert Brieger habe in der Sitzung mit den Wehrsprech­ern gesagt, das Heeresbudg­et müsse auf 1,5 Prozent des BIP steigen, um künftige Aufgaben stemmen zu können. Dem habe Tanner eben zugestimmt.

Tatsächlic­h fordert Brieger seit jeher ein höheres Heeresbudg­et. Die ihm nun zugeschrie­bene Maximal-Variante hielt aber sogar er offenkundi­g für illusorisc­h. Denn obwohl Brieger Offizier und kein Politiker ist, sagte Österreich­s ranghöchst­er Soldat vor zwei Wochen: Ein solcher Budget-Wunsch sei eine „Idealvaria­nte“und „realpoliti­sch nicht umsetzbar“.

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Ein Geheimtref­fen, zu dem Klaudia Tanner geladen hatte, sorgte für Verwirrung und Unmut

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