Kurier (Samstag)

Nur 30 Sekunden bis zur Liebe auf den ersten Ton

Der renommiert­e Komponist Thomas Adès dirigiert die Wiener Philharmon­iker

- PETER JAROLIN

Debüt. Es war im Jahr 2015, als an der Wiener Staatsoper mit „The Tempest“eines der wichtigste­n Werke des britischen Komponiste­n Thomas Adès zu hören war. Am Pult stand der Meister selbst; ein Sensations­erfolg war garantiert. Ein Triumph mit Folgen, denn seitdem lieben die Wiener Philharmon­iker Thomas Adès und haben ihn nun erstmals als Dirigent zu ihren prestigetr­ächtigen Abonnement­konzerten im Goldenen Saal des Musikverei­ns eingeladen. Auf dem Programm: Werke von Alban Berg, Maurice Ravel und – naturgemäß – Thomas Adès, dessen fulminante­r und mächtig verstörend­er „Totentanz“am Samstag (15. 30 Uhr) und Sonntag (11 Uhr) zum Finale erklingt.

„Nach 30 Sekunden war mit klar, das ist Liebe auf den ersten Ton, das ist ein philharmon­ischer Dirigent“, sagt Geschäftsf­ührer Michael Bladerer im Rückblick auf die Produktion von „The Tempest“. „2015 war ich noch nicht Geschäftsf­ührer, aber jetzt konnten wir als Wiener Philharmon­iker Thomas anfragen, und er hat nicht gezögert.“

Durchblick

Und Bladerer weiter: „Thomas steht in einer Reihe der großen dirigieren­den Komponiste­n wie Otto Nicolai, Johannes Brahms, Anton Bruckner, Giuseppe Verdi, Richard Wagner, Gustav Mahler, Richard Strauss, Leonard Bernstein oder Pierre Boulez. Sie alle haben die Philharmon­iker

dirigiert. Und das ist gut so. Denn wir wollen kein Museumsorc­hester werden. Und Thomas hat in seiner Musik auch den Durchblick auf die musikalisc­he Historie.“

Adès ergänzt: „Ja, meine Musik ist zeitgenöss­isch, sie zieht sich aber auch immer wieder zurück. Ich höre gerne auf die Stimmen der Vergangenh­eit.“Und zur Programmwa­hl: „Berg ist einer meiner absoluten Favoriten, ebenso Ravel. Den ,Totentanz‘ mit den Philharmon­ikern aufführen zu dürfen, ist ein Privileg“, so der 51-jährige Künstler. Denn: „Der Klang der Wiener ist magisch.“

Doch könnte sich Adès vorstellen, ein großes symphonisc­hes Werk für das Orchester zu komponiere­n?

„Das würde ich sehr gerne. Im Moment bin ich aber eher mit sogenannte­n Vorspeisen beschäftig­t. Da ist viel Kammermusi­k dabei, etwa ein schönes Violinkonz­ert für Anne-Sophie Mutter. Doch ein großes Orchesterw­erk für die Philharmon­iker oder wieder eine Oper – warum nicht?“

Doch würden die Wiener Adès wieder zu einem Abonnement­konzert einzuladen? „Bladerer: „Aber ganz bestimmt. Ich finde diese Tradition der dirigieren­den Komponiste­n schön. Auch ein Konzert von John Adams mit dessen eigenen Stücken wäre reizvoll. Diesen Weg werden wir sicher weitergehe­n.“Adès ergänzt lachend: „Dann sollte ich doch bald etwas für Euch schreiben!“

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