„ICH GEBE GERNE DEN TON AN“
Wenn sie auf der Violine Vivaldis „Vier Jahreszeiten“erschallen l▶sst, ist der Frühling in guten H▶nden. Stargeigerin Lidia Baich im freizeit-Interview über Dauerbrenner in Klassik und Pop, die Dauerberieselung durch Musik und das gute Gefühl, Gutes zu tu
Musik hat heilende Kräfte, davon ist die Musikerin Lidia Baich überzeugt. Gerade als eine Repräsentantin der Musikstadt Wien hat die Stargeigerin daher vor zwei Wochen spontan ein „Konzert für den Frieden“im Stephansdom organisiert. Gerade in den Corona-Jahren sei daher auch das Hohe C hochzuhalten. Denn neben Medikamenten ist es auch oder gerade die Musik, die der Gesundheit zuträglich sein kann. Für Lidia Baich steht jedenfalls fest: „Überhaupt wird man mit Musik schnell(er) gesund!“Zum Fotoshooting im Hotel Park Hyatt Vienna trug sie ein Frühlingskleid.
freizeit: Sie haben eine Professur an der Musik und Kunst Privatuniversität in Wien inne. Muss ich Sie mit Frau Professor anreden?
Nein, „Lidia“reicht völlig.
Sie wollen bei mir studieren ...
Vielleicht komme ich darauf zurück, wenn ich am Online-Gitarrenkurs verzweifle ... Aufgewachsen sind Sie jedenfalls in Graz. Können Sie auch „bellen“oder „böullen“wie die Steirer?
Angeblich konnte ich das als Kind. Was jedoch
Außer, für immer geblieben ist, ist das steirische Kürbiskernöl, welches ich fast täglich in der Küche verwende, und meine Kinder haben damit ihre Liebe zu Salatvariationen entdeckt.
Als Kind orientiert man sich häufig eher an den Großeltern als an den Eltern. War das auch der Grund, warum Sie wie Ihr Opa Geige erlernten und nicht Klavier wie Ihre Mutter oder Cello wie Ihr Vater?
Möglicherweise. Vor allem aber assoziierte ich meinen Großvater mit dem Mariinsky-Theater – er war dort Stimmführer im Orchester – und somit mit der Faszination von Ballett und Oper. Ich dachte, wenn ich so wie er Geige lerne, kann ich dieser magischen, wundervollen Welt näher sein. Der Klang eines Orchesters war und ist für mich wie ein Magnet.
Tourneen und Gastspiele führten Sie auf beinahe alle Kontinente, in die USA, nach Japan, China, Brasilien, Südafrika und natürlich zu vielen europäischen Städten. Was ist der schönste Konzertsaal, in dem Sie je gespielt haben?
Da gab es einige. Das Teatro Colón in Buenos Aires war sehr beeindruckend, die Wiener Staatsoper und auch die Suntory Hall in Tokio,
um nur ein paar zu nennen. Sehr stimmungsvoll war auch das Waterfront Amphitheater in Kapstadt oder der neue Konzertsaal in Seoul. Und ich liebe den Wiener Stephansdom!
Und der ungewöhnlichste Ort?
Für eine klassische Musikerin: die WembleyArena in London. Wobei ungewöhnlicher Ort: Ich habe einmal am Flughafen in Teneriffa nach der Security-Kontrolle für die Beamten gespielt, nachdem einer von ihnen sich sehr gut mit alten Streichinstrumenten auskannte und wir uns über verschiedene Violinen unterhielten.
Ihr Ehemann Andreas Schager ist Heldentenor mit großer internationaler Reputation. Ist es schwer, sich gegen Helden durchzusetzen?
Nur, was die Lautstärke anbelangt. Ansonsten: Ich bin eine Frau.
Wer gibt in Ihrer Ehe den Ton an beziehungsweise geben Sie gerne den Ton an?
Ich gebe gerne den Ton an, weil ich ein absolutes Gehör habe (lacht). Grundsätzlich ergänzen wir uns sehr gut, haben ähnliche Interessen und lachen viel miteinander. Humor ist ein essenzielles Ehegewürz! Nur bei der Sockenwahl sind wir gelegentlich unterschiedlicher Ansicht.
Sie haben zwei Söhne. Erlernen die auch ein Musikinstrument? Und dürfen die zwischendurch auch einmal Fußballspielen?
Der Große lernt ein bisschen Klavier, aber nur für die Allgemeinbildung. Er ist zwar musikalisch und singt sehr gut, ist aber eher ein mathematisch-wissenschaftlicher Typ. Der Kleine tanzt gerne. Beide dürfen Fußballspielen, so viel sie wollen und auch sonst am besten an der frischen Luft herumtoben. Ob Radfahren, auf Bäume klettern oder Schwimmen: Ich finde es äußerst wichtig, Kindern so viel wie möglich Nähe und Bezug zur Natur zu ermöglichen.
Mit dem von Ihnen initiierten „Konzert für den Frieden“im Stephansdom haben Sie heuer bereits für eine Großtat gesorgt. Was wollen Sie 2022 noch alles bewegen?
Dieses Konzert hat sich für immer in mein Herz gebrannt. Es war eine unbeschreibliche Stimmung, ein Klang, der über eine „normale“Performance hinausgeht. Der Geist im Dom an diesem Abend
| freizeit.at
Kosmopolitin mit Geige: Lidia Baich gastierte in Konzertsälen auf vier Kontinenten
„Ein Leben ohne Musik ist für mich nicht vorstellbar. Zugleich schätze ich die Stille und höre gerne auch einmal nichts außer Wind und die Geräusche des Waldes.“
war eine Sternstunde. Und das Publikum war so leise, wie ich es noch nie erlebt habe. Ich bin voll Dankbarkeit, dass dieses Konzert möglich war und wir 70.000 Euro für die Caritas sammeln konnten.
Wunderbar! Ist das Motivation für mehr?
Ich engagiere mich weiterhin für den Zusammenhalt, den Frieden und die Unterstützung, wir können als Künstler viel bewegen und ich sehe es als meine Pflicht, auch etwas zurückzugeben. Die Sprache der Musik verbindet Menschen auf der ganzen Welt. Das ist eine wichtige Stärke, die man pflegen muss. Das nächste Friedenskonzert ist am 3. April in Graz. Und ich unterstütze auch dieses Jahr wieder aktiv Projekte zur Förderung junger Künstler. Sie meinten einmal, Sie seien von Grund auf eine, die an das Gute glaubt. Wie sehr hilft dabei die Musik?
Immer! Wie schon Victor Hugo sagte: „Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“Es ist wichtig, an das Gute zu glauben, auch wenn der Weg dahin manchmal steinig