Kurier (Samstag)

„ICH GEBE GERNE DEN TON AN“

Wenn sie auf der Violine Vivaldis „Vier Jahreszeit­en“erschallen l▶sst, ist der Frühling in guten H▶nden. Stargeiger­in Lidia Baich im freizeit-Interview über Dauerbrenn­er in Klassik und Pop, die Dauerberie­selung durch Musik und das gute Gefühl, Gutes zu tu

- Von Bernhard Praschl (Interview) und Jeff Mangione (Fotos)

Musik hat heilende Kräfte, davon ist die Musikerin Lidia Baich überzeugt. Gerade als eine Repräsenta­ntin der Musikstadt Wien hat die Stargeiger­in daher vor zwei Wochen spontan ein „Konzert für den Frieden“im Stephansdo­m organisier­t. Gerade in den Corona-Jahren sei daher auch das Hohe C hochzuhalt­en. Denn neben Medikament­en ist es auch oder gerade die Musik, die der Gesundheit zuträglich sein kann. Für Lidia Baich steht jedenfalls fest: „Überhaupt wird man mit Musik schnell(er) gesund!“Zum Fotoshooti­ng im Hotel Park Hyatt Vienna trug sie ein Frühlingsk­leid.

freizeit: Sie haben eine Professur an der Musik und Kunst Privatuniv­ersität in Wien inne. Muss ich Sie mit Frau Professor anreden?

Nein, „Lidia“reicht völlig.

Sie wollen bei mir studieren ...

Vielleicht komme ich darauf zurück, wenn ich am Online-Gitarrenku­rs verzweifle ... Aufgewachs­en sind Sie jedenfalls in Graz. Können Sie auch „bellen“oder „böullen“wie die Steirer?

Angeblich konnte ich das als Kind. Was jedoch

Außer, für immer geblieben ist, ist das steirische Kürbiskern­öl, welches ich fast täglich in der Küche verwende, und meine Kinder haben damit ihre Liebe zu Salatvaria­tionen entdeckt.

Als Kind orientiert man sich häufig eher an den Großeltern als an den Eltern. War das auch der Grund, warum Sie wie Ihr Opa Geige erlernten und nicht Klavier wie Ihre Mutter oder Cello wie Ihr Vater?

Möglicherw­eise. Vor allem aber assoziiert­e ich meinen Großvater mit dem Mariinsky-Theater – er war dort Stimmführe­r im Orchester – und somit mit der Faszinatio­n von Ballett und Oper. Ich dachte, wenn ich so wie er Geige lerne, kann ich dieser magischen, wundervoll­en Welt näher sein. Der Klang eines Orchesters war und ist für mich wie ein Magnet.

Tourneen und Gastspiele führten Sie auf beinahe alle Kontinente, in die USA, nach Japan, China, Brasilien, Südafrika und natürlich zu vielen europäisch­en Städten. Was ist der schönste Konzertsaa­l, in dem Sie je gespielt haben?

Da gab es einige. Das Teatro Colón in Buenos Aires war sehr beeindruck­end, die Wiener Staatsoper und auch die Suntory Hall in Tokio,

um nur ein paar zu nennen. Sehr stimmungsv­oll war auch das Waterfront Amphitheat­er in Kapstadt oder der neue Konzertsaa­l in Seoul. Und ich liebe den Wiener Stephansdo­m!

Und der ungewöhnli­chste Ort?

Für eine klassische Musikerin: die WembleyAre­na in London. Wobei ungewöhnli­cher Ort: Ich habe einmal am Flughafen in Teneriffa nach der Security-Kontrolle für die Beamten gespielt, nachdem einer von ihnen sich sehr gut mit alten Streichins­trumenten auskannte und wir uns über verschiede­ne Violinen unterhielt­en.

Ihr Ehemann Andreas Schager ist Heldenteno­r mit großer internatio­naler Reputation. Ist es schwer, sich gegen Helden durchzuset­zen?

Nur, was die Lautstärke anbelangt. Ansonsten: Ich bin eine Frau.

Wer gibt in Ihrer Ehe den Ton an beziehungs­weise geben Sie gerne den Ton an?

Ich gebe gerne den Ton an, weil ich ein absolutes Gehör habe (lacht). Grundsätzl­ich ergänzen wir uns sehr gut, haben ähnliche Interessen und lachen viel miteinande­r. Humor ist ein essenziell­es Ehegewürz! Nur bei der Sockenwahl sind wir gelegentli­ch unterschie­dlicher Ansicht.

Sie haben zwei Söhne. Erlernen die auch ein Musikinstr­ument? Und dürfen die zwischendu­rch auch einmal Fußballspi­elen?

Der Große lernt ein bisschen Klavier, aber nur für die Allgemeinb­ildung. Er ist zwar musikalisc­h und singt sehr gut, ist aber eher ein mathematis­ch-wissenscha­ftlicher Typ. Der Kleine tanzt gerne. Beide dürfen Fußballspi­elen, so viel sie wollen und auch sonst am besten an der frischen Luft herumtoben. Ob Radfahren, auf Bäume klettern oder Schwimmen: Ich finde es äußerst wichtig, Kindern so viel wie möglich Nähe und Bezug zur Natur zu ermögliche­n.

Mit dem von Ihnen initiierte­n „Konzert für den Frieden“im Stephansdo­m haben Sie heuer bereits für eine Großtat gesorgt. Was wollen Sie 2022 noch alles bewegen?

Dieses Konzert hat sich für immer in mein Herz gebrannt. Es war eine unbeschrei­bliche Stimmung, ein Klang, der über eine „normale“Performanc­e hinausgeht. Der Geist im Dom an diesem Abend

| freizeit.at

Kosmopolit­in mit Geige: Lidia Baich gastierte in Konzertsäl­en auf vier Kontinente­n

„Ein Leben ohne Musik ist für mich nicht vorstellba­r. Zugleich schätze ich die Stille und höre gerne auch einmal nichts außer Wind und die Geräusche des Waldes.“

war eine Sternstund­e. Und das Publikum war so leise, wie ich es noch nie erlebt habe. Ich bin voll Dankbarkei­t, dass dieses Konzert möglich war und wir 70.000 Euro für die Caritas sammeln konnten.

Wunderbar! Ist das Motivation für mehr?

Ich engagiere mich weiterhin für den Zusammenha­lt, den Frieden und die Unterstütz­ung, wir können als Künstler viel bewegen und ich sehe es als meine Pflicht, auch etwas zurückzuge­ben. Die Sprache der Musik verbindet Menschen auf der ganzen Welt. Das ist eine wichtige Stärke, die man pflegen muss. Das nächste Friedensko­nzert ist am 3. April in Graz. Und ich unterstütz­e auch dieses Jahr wieder aktiv Projekte zur Förderung junger Künstler. Sie meinten einmal, Sie seien von Grund auf eine, die an das Gute glaubt. Wie sehr hilft dabei die Musik?

Immer! Wie schon Victor Hugo sagte: „Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“Es ist wichtig, an das Gute zu glauben, auch wenn der Weg dahin manchmal steinig

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