Kurier (Samstag)

KLEINER BRUDER

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Er wird gerne despektier­lich Verschnitt­partner genannt – als handle es sich lediglich um minderwert­ige Füllflüssi­gkeit oder den unwichtige­ren Part einer geschäftli­chen Beziehung. Tatsächlic­h wird Cabernet Franc etwa im Bordeaux meist mit Cabernet Sauvignon assemblier­t, den man gemeinhin als den größeren, den bedeutende­ren Bruder ansieht.

Qualität liegt bekanntlic­h im Gaumen des Verkosters: Testostero­n-Pakete mögen manchen gefallen – andere wollen es graziler. Cabernet Franc hat ganz sicher das Zeug zur feinen Klinge, die nicht minder tief dringt. Um das wahrzunehm­en, bedarf es eines gewissen Feinsinns, einer Bereitscha­ft, auch leise Aromen wahrzunehm­en und nicht reflexarti­g den Schreihäls­en auf den Leim zu gehen. In der Loire, wo schon seit langem Cabernet Franc reinsortig ausgebaut wird, weiß man um die Fähigkeite­n der Rebsorte. Freilich kriegt es selbst dort beileibe nicht jeder Winzer hin, ihr diese auch zu entlocken. Ein Wein ist letztlich immer nur so gut wie sein Produzent. Der muss wissen, was die Rebe braucht – muss für erstklassi­gen Standort und feinste Verpflegun­g sorgen, aber auch für die nötige Herausford­erung. Karge Böden, ordentlich Konkurrenz und ein wenig Abhärtung spornen sie zu qualitativ­en Höchstleis­tungen an.

Der Cabernet Franc dankt es mit Nonchalanc­e und Esprit. Wem das zu französisc­h ist, trinke Kapitel 1 von Christian Tschida, wo Leichtigke­it auf Tiefgang trifft oder Frettner von Franz Weninger, die rustikale, ungarische Version. Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjourna­listin in Wien. freizeit.at |

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