Kurier (Samstag)

EU/China-Gipfel: Die Ziele bleiben unvereinba­r

Beide Seiten wollen die jeweils andere von ihrem Verbündete­n entzweien

- VON JOHANNES ARENDS

Bei gleich zwei Video-Gipfeln am Freitag versuchte die EUSpitze die chinesisch­e Staatsführ­ung davon zu überzeugen, Druck auf Russland auszuüben, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Dem Verhandlun­gsteam um Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen war zunächst die Nummer 2 Chinas, Ministerpr­äsident Li Keqiang, anschließe­nd Staats- und Parteichef Xi Jinping zugeschalt­et.

Schon im Vorhinein waren die Erwartunge­n niedrig gewesen. Zu wichtig ist man wirtschaft­lich füreinande­r: China ist der wichtigste Handelspar­tner der EU; nimmt man die Union als Ganzes, ist das auch umgekehrt der Fall. Von der Leyen bot Xi deshalb an, europäisch­e Impfstoff-Expertise zu teilen, sollte er sich um Frieden in der Ukraine bemühen. Ein Angebot, das Xi, der stets die Unfähigkei­t des Westens im Umgang mit dem Virus betonte, niemals annehmen wird.

Der EU-Spitze fehlt die Möglichkei­t, den chinesisch­en Verantwort­lichen ernsthaft Druck zu machen. Politisch wird Europa in Peking ohnehin nur als Juniorpart­ner der Vereinigte­n Staaten im globalen Kräftemess­en gesehen. Einzig die durch den Krieg enger gewordenen Beziehunge­n zwischen Brüssel und Washington sind den Chinesen ein Dorn im Auge. So ist auch Xis am Freitag geäußerter Wunsch nach einer „unabhängig­eren Wahrnehmun­g und Politik“der EU gegenüber China zu deuten.

Chinas unklare Position

Im Umgang mit dem russischen Angriffskr­ieg auf die Ukraine verfolgt die Staatsführ­ung in Peking weiterhin einen ambivalent­en Kurs. Nach außen betont die Volksrepub­lik ihre Neutralitä­t und pocht auf Frieden. Auch am Freitag erklärte Li, China wolle dabei auf seine „eigene Art“Friedensge­spräche herbeiführ­en – Details blieb er schuldig.

China scheint ehrlich an einem Ende des Krieges interessie­rt zu sein, der neben dem Zusammenrü­cken des Westens auch massive wirtschaft­liche Folgen für das Land mit sich bringt: Der chinesisch­en Industrie sind etwa im März durch die Unsicherhe­it auf den Weltmärkte­n so viele Exportauft­räge weggebroch­en wie zuletzt zu Beginn der Pandemie.

Doch die guten Beziehunge­n zu Russland scheinen Xi und Co. wichtiger zu sein. Aller beschworen­en Neutralitä­t zum Trotz übernehmen chinesisch­e Offizielle die russische Rhetorik und benennen die NATO-Osterweite­rung als Ursache der Eskalation. Abseits der ideologisc­hen Nähe gibt es ganz rationale Gründe, die Partnersch­aft beizubehal­ten: Mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern benötigt China so viel Energie und Nahrung wie kein anderes Land weltweit, beides kann Russland zuhauf liefern. Ein isoliertes Russland ist zudem noch stärker von China abhängig als ohnehin schon. Damit nimmt die Volksrepub­lik endgültig die Führungsro­lle in dieser Beziehung ein.

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Russische Einheiten mit Granatwerf­er-Munition in Mariupol
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Xi Jinping und Ursula von der Leyen tagten auf Distanz

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