EU/China-Gipfel: Die Ziele bleiben unvereinbar
Beide Seiten wollen die jeweils andere von ihrem Verbündeten entzweien
Bei gleich zwei Video-Gipfeln am Freitag versuchte die EUSpitze die chinesische Staatsführung davon zu überzeugen, Druck auf Russland auszuüben, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Dem Verhandlungsteam um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war zunächst die Nummer 2 Chinas, Ministerpräsident Li Keqiang, anschließend Staats- und Parteichef Xi Jinping zugeschaltet.
Schon im Vorhinein waren die Erwartungen niedrig gewesen. Zu wichtig ist man wirtschaftlich füreinander: China ist der wichtigste Handelspartner der EU; nimmt man die Union als Ganzes, ist das auch umgekehrt der Fall. Von der Leyen bot Xi deshalb an, europäische Impfstoff-Expertise zu teilen, sollte er sich um Frieden in der Ukraine bemühen. Ein Angebot, das Xi, der stets die Unfähigkeit des Westens im Umgang mit dem Virus betonte, niemals annehmen wird.
Der EU-Spitze fehlt die Möglichkeit, den chinesischen Verantwortlichen ernsthaft Druck zu machen. Politisch wird Europa in Peking ohnehin nur als Juniorpartner der Vereinigten Staaten im globalen Kräftemessen gesehen. Einzig die durch den Krieg enger gewordenen Beziehungen zwischen Brüssel und Washington sind den Chinesen ein Dorn im Auge. So ist auch Xis am Freitag geäußerter Wunsch nach einer „unabhängigeren Wahrnehmung und Politik“der EU gegenüber China zu deuten.
Chinas unklare Position
Im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verfolgt die Staatsführung in Peking weiterhin einen ambivalenten Kurs. Nach außen betont die Volksrepublik ihre Neutralität und pocht auf Frieden. Auch am Freitag erklärte Li, China wolle dabei auf seine „eigene Art“Friedensgespräche herbeiführen – Details blieb er schuldig.
China scheint ehrlich an einem Ende des Krieges interessiert zu sein, der neben dem Zusammenrücken des Westens auch massive wirtschaftliche Folgen für das Land mit sich bringt: Der chinesischen Industrie sind etwa im März durch die Unsicherheit auf den Weltmärkten so viele Exportaufträge weggebrochen wie zuletzt zu Beginn der Pandemie.
Doch die guten Beziehungen zu Russland scheinen Xi und Co. wichtiger zu sein. Aller beschworenen Neutralität zum Trotz übernehmen chinesische Offizielle die russische Rhetorik und benennen die NATO-Osterweiterung als Ursache der Eskalation. Abseits der ideologischen Nähe gibt es ganz rationale Gründe, die Partnerschaft beizubehalten: Mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern benötigt China so viel Energie und Nahrung wie kein anderes Land weltweit, beides kann Russland zuhauf liefern. Ein isoliertes Russland ist zudem noch stärker von China abhängig als ohnehin schon. Damit nimmt die Volksrepublik endgültig die Führungsrolle in dieser Beziehung ein.