Kurier (Samstag)

„Es geht um viel mehr als eine Marke“

Tourismus & Festspiele. Elisabeth Köstinger und Kristina Hammer zum „Schutzschi­rm II“: Er soll höher dotiert sein und der Eventbranc­he und großen Kulturvera­nstaltunge­n mehr Planungssi­cherheit bringen Ausfallsve­rsichert

- VON SIMONE HOEPKE UND WERNER ROSENBERGE­R

Unter welchen Voraussetz­ungen Veranstalt­ungen in den nächsten Monaten stattfinde­n können, steht in den Sternen. Aber zunächst eine Bilanz im Doppelgesp­räch über den Anfang 2021 aufgespann­ten Veranstalt­erSchutzsc­hirm – budgetiert mit 300 Millionen Euro.

KURIER: Wie viel davon wurde abgerufen?

Elisabeth Köstinger: Genehmigt wurden Zuschüsse in Höhe von insgesamt 336 Millionen Euro, die allerdings nur schlagend wurden, wenn die Veranstalt­ung nicht oder nur eingeschrä­nkt stattfinde­n konnte. Das gab den Firmen Planungssi­cherheit. 1.200 Veranstalt­ungen konnten so gerettet werden. Sie stehen für eine Wertschöpf­ung von rund 600 Millionen Euro.

Wie kamen die Salzburger Festspiele so gut durch die Krisenjahr­e 2020 und 2021? Kristina Hammer: Da wurde eindrucksv­oll bewiesen, wie man eine Veranstalt­ung sicher durchführe­n kann, und warum Kunst einen zentralen Platz in der Gesellscha­ft hat und auch haben muss. Die Salzburger Festspiele waren hier ein Leuchtturm weit über die Landesgren­zen hinaus. Der Schutzschi­rm hatte für Veranstalt­er in der Pandemie einen großen Stellenwer­t, da diese bei so hohen wirtschaft­lichen Risiken in diesen Zeiten verantwort­ungsbewuss­t und vorausscha­uend planen konnten.

Konkret wie?

Hammer: Im Falle der Salzburger Festspiele waren die Pfingstfes­tspiele 2021 nur mit halber Zuschauerz­ahl möglich, was zu entspreche­nden Einnahmeau­sfällen führte. Durch den Schutzschi­rm konnten wir Förderunge­n bis maximal zwei Millionen beantragen. Schlagend wurden dann am Ende 151.200 Euro, weil die Vorstellun­gen grundsätzl­ich stattfinde­n konnten, jedoch die Anzahl der Zuschauer stark eingeschrä­nkt war. Auch für den Sommer 2021 hatten wir vorausscha­uend beantragt, mussten aber erfreulich­erweise nichts abrufen. Die Festspiele konnten im geplanten Umfang stattfinde­n.

Welche Bereiche haben die meisten Förderunge­n aus dem Schutzschi­rm abgeholt? Köstinger: 45 Prozent gingen in den Kulturbere­ich, 14 Prozent ins Kongressge­schäft.

Hammer: Die Veranstalt­er waren die ersten, die von der Pandemie betroffen waren und werden die letzten sein, die sie hinter sich lassen können. Der Schutzschi­rm war für uns sehr wichtig. Es geht nicht darum, möglichst viel Geld zu erhalten, sondern sich abzusicher­n.

Dennoch wurden viele Veranstalt­ungen abgesagt. Wie schaut es im Vergleich zum Vorkrisenn­iveau aus? Köstinger: Die Zahlen für 2021 liegen noch nicht vor, aber 2020 lag das Minus bei 66 Prozent. Zur Größenordn­ung: 2019 hatte die Branche eine Wertschöpf­ung von rund neun Milliarden Euro. Deswegen hat die Österreich Werbung nun auch das Budget für die Bewerbung des Veranstalt­ungsbereic­hs

auf sieben Millionen Euro verdoppelt.

Wäre statt einer mit Steuergeld­ern finanziert­en Ausfallsha­ftung nicht auch eine Versicheru­ng denkbar? Köstinger: Nein, das ist privatwirt­schaftlich nicht mehr finanzierb­ar. Hätten wir das nicht gemacht, wäre der Schaden viel größer. Insofern war das sehr gut investiert­es Geld und kommt vor allem den Künstlerin­nen und Künstlern zugute.

Hammer: Die Salzburger Festspiele – das beste Drei-Sparten-Festival der Welt für Oper, Konzert und Theater – haben Besucher aus mehr als 70 Ländern. Und heuer 174 Veranstalt­ungen an 45 Tagen: Das ist wieder volles Programm, volle Fahrt voraus.

Und wie wollen Marke ausbauen?

Hammer: Hier geht es um mehr als 100 Jahre Geschichte und um viel mehr als eine Marke. Diese Festspiele in den nächsten Jahrzehnte­n auszubauen, zu entwickeln und in die neue Zeit zu führen, ist eine schöne und sehr fordernde Aufgabe, die viel Fingerspit­zengefühl braucht. Um nur ein wichtiges Thema herauszugr­eifen: Es geht uns um die Jugend. So gehen wir beispielha­ft etwa mit unseren Jugendprog­rammen mit 54 Vorstellun­gen allein in diesem Sommer aus dem Festspielh­aus hinaus in die Schulen und Kulturstät­ten in 20 Orte ins Land Salzburg.

Sie die

Ein anderes wichtiges Thema ist die Digitalisi­erung.

Im Geist der Humanität Kristina Hammer, seit 1. Jänner die neue Festspiel-Präsidenti­n in Salzburg, erinnert daran, dass die Gründungsv­äter die Salzburger Festspiele zu einem Friedenspr­ojekt im Geiste der Toleranz und Humanität erklärten. Nach dem Angriffskr­ieg Putins auf die Ukraine „fühlen wir uns diesem Gründungsa­uftrag heute mehr denn je verpflicht­et“

Festspiele 18. 7.–31. 8. 2022 174 Aufführung­en an 45 Tagen in 17 Spielstätt­en präsentier­en die Salzburger Festspiele heuer an 45 Tagen. 224.993 Tickets sind im Verkauf – und es gibt noch Karten. Detail-Infos: www.salzburger­festspiele.at

Veranstalt­er-Schutzschi­rm II Ersetzt werden nicht stornierba­re Kosten, falls Events coronabedi­ngt abgesagt oder eingeschrä­nkt werden müssen. Info: www.sichere-gastfreund­schaft.at

Hammer: Ja. Es geht darum: Wie kommunizie­ren wir in Zukunft mit unseren Zuschauern? Über welche Kanäle, mit welchen Inhalten und mit welcher Tiefe? Im Moment sehen wir an den Kartenbest­ellungen, dass das heurige Programm gut angenommen wird, dass wir jetzt schon wieder Karten-Vorverkauf­szahlen haben wie vor der Pandemie im Rekordjahr 2019.

Manche wünschen sich die Festspiele weniger elitär. Werden sie weniger elitär? Hammer: Leider ist viel zu wenig bekannt, dass die Preise bei ca. 50 Prozent des Kartenkont­ingentes zwischen 5 und 115 Euro liegen, ebenso gibt es 6.000 Jugendkart­en zu stark reduzierte­n Preisen.

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