Kurier (Samstag)

NATO-Beitritt: Schweden und Finnland nur gemeinsam

Die Finnen sind mehrheitli­ch für die Aufgabe der Neutralitä­t, in Schweden wird diskutiert, ob man die Russen damit provoziert

- VON JENS MATTERN

Beim NATO-Gipfel in Brüssel diese Woche waren auch der finnische Außenminis­ter Pekka Haavisto und seine schwedisch­e Amtskolleg­in Ann Linde eingeladen. Die beiden Länder wollen bis Mitte Juni gemeinsam eine Entscheidu­ng fällen, ob sie dem Bündnis beitreten. NATO-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g hat diese Woche erneute ein rasches Aufnahmeve­rfahren versproche­n.

Die schwedisch­e Premiermin­isterin Magdalena Andersson will die „Mitgliedsc­haft nicht mehr ausschließ­en“. Dabei steht ihre sozialdemo­kratische Partei eigentlich traditione­ll für Blockfreih­eit. Doch die Zeiten ändern sich. Schwedens erster Opposition­spolitiker Ulf Kristersso­n, Vorsitzend­er der Moderaten, macht seit Monaten in Sachen NATO-Mitgliedsc­haft Druck. Sie sei eine „Schicksals­frage“, eine „Angelegenh­eit

von Leben und Tod“. Nach Umfragen befürworte­t mittlerwei­le eine knappe Mehrheit in Schweden den NATO-Beitritt.

Schweden gespaltene­r

NATO-Gegner in Schweden, wie etwa der Verteidigu­ngsministe­r Peter Hultqvist, argumentie­ren, dass der Beitritt das Verhältnis mit Russland zum Eskalieren bringen könnte. Moskau hat bereits mehrfach beide Länder bedroht. Die letzte Aussage von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow klang aber etwas verhaltene­r – „man würde in die Sicherheit in der Westflanke investiere­n“. Der mögliche Beitritt sei jedoch „keine existenzie­lle Bedrohung“.

Seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 sind Schweden und Finnland mit der NATO enger verbunden und nahmen auch an gemeinsame­n Manövern teil. Finnland teilt eine 1.300 km lange Grenze mit Russland, in Schweden gilt die strategisc­h gelegene Insel Gotland als gefährdet.

Als großer Fürspreche­r eines Anschlusse­s wirkt in Finnland schon seit den Nuller Jahren Staatspräs­ident Saulis Niinistö, der immer noch einen guten Draht zu

Wladimir Putin hat. Er behauptet, dass der Beitritt keinen militärisc­hen Angriff vonseiten Russlands auslösen würde, wohl jedoch Cyberattac­ken und Luftraumve­rletzungen.

Seine konservati­ve Partei „Nationale Sammlung“, wirbt als einzige geschlosse­n für einen Beitritt. Sonst sind die meisten Parteien bis auf die ablehnend eingestell­te Linksparte­i geteilter Meinung. Doch in Finnland sind die Umfragewer­te eindeutige­r als in Schweden: Etwa 62 Prozent wollen sich nach über 100 Jahren von der Neutralitä­t verabschie­den.

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Die Premiermin­isterinnen Sanna Marin (Finnland) und Magdalena Andersson (Schweden) auf NATO-Kurs

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