Kurier (Samstag)

Vernichten­de Niederlage im Endspiel Boris Becker.

Die deutsche Tennis-Ikone wurde in London wegen Insolvenzv­erschleppu­ng schuldig gesprochen. Eine Haftstrafe ist möglich. Es ist der Tiefpunkt einer Weltkarrie­re Fakten

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Es ist die vielleicht vernichten­dste Niederlage, die Boris Becker im Laufe seines Lebens kassiert hat – jedenfalls ist es die demütigend­ste. Als „naiv“und „faul“wurde die deutsche Tennislege­nde am Freitag in einem Londoner Gerichtssa­al bezeichnet, und zwar von jenem Anwalt, der Boris Becker verteidigt.

Damit wollte die Verteidigu­ng die Unfähigkei­t des 54-jährigen Weltstars untermauer­n, Herr über sein eigenes Leben, über seine Finanzen zu sein. Die Geschworen­enjury folgte dieser Strategie nur bedingt, sie sprach Becker in dem Verfahren wegen Insolvenzv­erschleppu­ng in vier von 24 Anklagepun­kten schuldig.

Bei einem Schuldspru­ch in allen Punkten hätten Becker bis zu sieben Jahre Haft gedroht. Eine Haftstrafe ist aber auch nun nicht komplett vom Tisch. Das genaue Strafmaß soll am 29. April verkündet werden. Becker selbst kann noch Berufung einlegen.

Millionenf­orderungen

Die Vorwürfe, die die Staatsanwa­ltschaft gegen den dreifachen Wimbledon-Sieger erhoben hatte, waren schwerwieg­end und basierten auf einem Gerichtsve­rfahren aus dem Jahr 2017. Becker war damals im Juni für zahlungsun­fähig erklärt worden. Die Forderunge­n der Gläubiger hatten rund 60 Millionen Euro ausgemacht. Normalerwe­ise endet ein Insolvenzv­erfahren in Großbritan­nien nach zwölf Monaten, doch in Beckers Fall war es wiederholt zu Verzögerun­gen gekommen.

Die Geschworen­en kamen nun zu dem Schluss, dass er entgegen der gesetzlich­en Vorgaben nicht seinen gesamten Besitz offengeleg­t hatte. Bei den Vorwürfen ging es um Konten und Immobilien sowie mehrere Trophäen, darunter den Wimbledon-Pokal von Beckers erstem Sieg in London 1985.

Die ehemalige Nummer eins der Tenniswelt hatte die Vorwürfe strikt zurückgewi­esen. Er habe weder Zeit noch Expertise gehabt und finanziell­e Fragen daher stets seinen Beratern überlassen, hatte Becker vor Gericht ausgesagt. Laut seines Anwalts sei zudem nicht rechtzeiti­g informiert worden, welche Pflichten er nach seiner Insolvenz hatte.

Staatsanwä­ltin Rebecca Chalkley schenkte den Angaben aber keinen Glauben. Becker habe vorsätzlic­h Geld auf andere Konten überwiesen,

Boris Becker, geboren am 22. November 1967, war von 1984 bis 1999 Profi und zuletzt Experte bei Eurosport. Seine Karriere wurde im Jahr 2021 im Fernsehfil­m „Der Rebell – Von Leimen nach Wimbledon“verfilmt

Der Ehemann Becker war zweimal verheirate­t und hat vier Kinder

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