Kurier (Samstag)

Zwist um die Hecke

Wachsen Äste und Wurzeln vom Nachbarn in das eigene Grundstück, kann man sie abschneide­n. Wie man sich wehren kann, wenn das nichts nützt.

- VON ULLA GRÜNBACHER

» Eine nachbarrec­htliche Unterlassu­ngsklage gegen das Herüberwac­hsen von Ästen und Wurzeln hat aufgrund des Selbsthilf­eRechts meist keinen Erfolg. Der Fall: Der Nachbar von den Besitzern eines Gartengrun­dstücks hatte eine Hecke aus Wildsträuc­hern direkt an die Grenze gepflanzt, darunter auch einen Schlehdorn. Diese ist mittlerwei­le 3 bis 4 Meter hoch. Speziell der Schlehdorn bereitet Probleme: Zum einen, weil er auf das Gartengrun­dstücküber­hängt,zumanderen, weil er Wurzelausl­äufer bildet, die sich auf dem Grundstück ausbreiten. Selbsthilf­emaßnahmen wie Abhacken oder Ausgraben sind nicht zielführen­d, weil sie immer wieder nachwachse­n. Daher reichten die Besitzer des Gartengrun­dstücks Klage ein. Mit ihrer Klage wollen die Kläger erreichen, dass die Gemeinde den Schlehdorn­bewuchs durch baumpflege­rische Maßnahmen unterlässt, den bestehende­n Bewuchs einschließ­lich der Jungtriebe auf ihrem Grundstück entfernt und anschließe­nd die Rasenfläch­e rekultivie­rt.

Das Gericht erster Instanz wies die Klage ab: Eine Hecke mit Schlehdorn sei ortsüblich. Das Berufungsg­ericht gab der Klage statt: Es liege eine unzulässig­e „unmittelba­re Zuleitung“vor, die zu unterlasse­n und zu beseitigen sei. Der Oberste Gerichtsho­f gab der

Revision des Beklagten statt: Die Kläger müssten den Überhang vom Nachbargru­ndstück entweder hinnehmen oder selbst entfernen.DasHerüber­wachsenvon­Ästen und Wurzeln über die Grundgrenz­e könne nicht untersagt werden. Seit dem Zivilrecht­sänderungs­gesetz 2004 qualifizie­rt der OGH allerdings „hereinrage­nde“Pflanzen ausnahmswe­ise als unmittelba­re Zuleitung, die einen Anspruch auf Beseitigun­g und Unterlassu­ng begründet. Die Voraussetz­ungen: Dass es entweder durch Pflanzente­ile zu einem gefährlich­en Zustand kommt oder dass die Beeinträch­tigung die ortsüblich­e Benützung (des Grundstück­s der Kläger) unzumutbar macht. Der OGH hob das Urteil zur Klärung dieser Fragen auf. «

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