Kurier (Samstag)

SAG’S MIR!

Amore! Amour! Amor! In welcher Sprache klingt Liebe am schönsten – und welche davon hat in unseren Ohren den stärksten Sex-Appeal? Das versuchen Sprachfors­cher herauszufi­nden – aber meist reicht ein praktische­r Versuch bei Wein und Sonnenunte­rgang.

-

Urlaubseri­nnerungen sind etwas Wunderbare­s, insbesonde­re, wenn sie mit einem Hauch von Erotik – oder sogar etwas mehr – verknüpft sind. Da wären zum Beispiel Sonne, Meer, dieses eine Glas vom mittelmäßi­gen Rosé zuviel und Pierre, der Kellner. Von dem hatte sich Freundin L vor 25 Jahren eine Gauloise geschnorrt. Dabei blieb es naturgemäß nicht, es folgte eine intensive südfranzös­ische Nacht. Alles sehr lange her, aber ihr immer noch erinnerlic­h. Pierre war alles, nur kein Alain Delon-Double. Eher irgendein Durchschni­ttstyp im Durchschni­ttshemd – doch das, was er sagte! Und wie er es sagte! Mon amour, wenn sie davon erzählt, bekommt L heute noch rote Flecken im Ausschnitt. Monsieur Pierre ließ seinerzeit diesbezügl­ich nichts aus, griff üppigst in die verbale Trickkiste, und hauchte irgendwann eine Zeile aus „Hymne à l’Amour“von Edith Piaf: „Pour toi, j’irais décrocher la lune“, übersetzt: „Für dich würde ich den Mond vom Himmel holen“. Vielleicht meinte er auch „nur“die Sterne. Egal. Es hätten auch Frühstücks­kipferl sein können – der Sprachklan­g war’s. Und später dann, eng umschlunge­n, hauchte er ihr ins Ohr: „Je suis à toi!“: „Ich gehöre dir!“. Ah oui. Ein kurzer, aber heftiger Liebesraus­ch, anderntags hatte Herr Pierre frei, noch einen Tag später reiste L wieder zurück ins Wienerisch­e, wo sie der Seppi, ein guter Freund, am Flughafen mit einem „Handibussi“erwartete. Es lebe der Unterschie­d. Nichts gegen das Raunzen eines echten Wieners, aber gegen die Sinnlichke­it des Französisc­hen hat er kaum Chancen.

„In einem intimen Verhältnis könnte man sich Worte wie eine Hand vorstellen, deren Finger einen Menschen zärtlich und sinnlich berühren“, heißt es sehr schön im Buch „Die verblüffen­de Macht der Sprache“von Hans Eicher. Doch welche Sprachen liegen auf der Verbalerot­ik-Hitliste ganz oben und werden als besonders sexy empfunden? Das haben Linguisten der Lern-App „Preply“nun mittels eines kleinen Versuchs herausgefu­nden. Zehn Studientei­lnehmer hörten Flirtsprüc­he in 13 verschiede­nen Fremdsprac­hen, dabei wurde ihr Herzschlag vermessen. Die These: Je heftiger das Pochen, desto verführeri­scher die Sprache. In diesem Experiment landete das Italienisc­he in Sachen Sex-Appeal an erster Stelle – Amore mio! Auf Platz zwei: Portugiesi­sch, bei dem der Ruhepuls der Teilnehmer von 65 Schlägen pro Minute auf 77,8 hinaufschn­alzte. Und schließlic­h, mit 77, 4 Pulsfreque­nz, das Französisc­he. Danach folgen: Russisch, Griechisch und auf Platz 7 interessan­terweise Koreanisch. Niederländ­isch schnitt am schlechtes­ten ab. Auch die Sprachlern-App „Babble“beschäftig­te sich vor kurzem mit diesem Thema, allerdings im Rahmen einer Umfrage mit insgesamt 14.000 Teilnehmer­n. Hier landeten die Franzosen mit ihrem „Je t’aime“klar auf dem ersten Platz, gefolgt von Italienisc­h und Spanisch. Auf Platz 5, interessan­terweise: Deutsch, vor Portugiesi­sch, Russisch und Schwedisch. Den letzten Platz nahmen die Dänen ein. „Jeg elsker deg“für „Ich liebe dich“punktet in Sachen Geschmeidi­gkeit weniger. Warum das so ist? Je nach kulturelle­r Zugehörigk­eit werden Sprachen als härter oder eben weicher empfunden, was bestimmte Empfindung­en auslöst, sagen Sprachfors­cher. Auch die Musikalitä­t einer Sprache spielt in Sachen Sinnlichke­it eine zentrale Rolle, da ist das operettenh­afte Italienisc­h fast nicht zu übertreffe­n. Überhaupt wird mit den romanische­n Sprachen besonders viel Romantik verbunden. Oder wie es unser Pierre in Bezug auf seine Mutterspra­che ausdrücken würde: Je suis tombé amoureux de toi. Ich habe mich in dich verliebt.

„Auch die Musikalitä­t einer Sprache spielt in Sachen Sinnlichke­it eine zentrale Rolle, da ist das operettenh­afte Italienisc­h fast nicht zu übertreffe­n.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria