Kurier (Samstag)

Ein kleiner Schritt aus dem Niemandsla­nd

Österreich­s Frauen-Team zeigte beim Billie Jean King Cup ansatzweis­e, dass es aufwärts gehen könnte. Der Weg aus der Krise, die nun seit einem Jahrzehnt anhält, ist noch ein weiter. Eine Spurensuch­e

- VON HARALD OTTAWA

Es ist wieder etwas Licht am Horizont. Österreich­s Tennisspie­lerinnen legten beim Turnier der Europa-Afrika-Zone in der Türkei wieder eine anständige Bewährungs­probe hin. Nach sehr bescheiden­en Einzeldarb­ietungen in den vergangene­n zehn Jahren gibt es beim Billie Jean King Cup (vormals FedCup) wieder Gründe, positiver in die Zukunft zu blicken. Denn das Nationalte­am, wie immer angereist mit der Zielsetzun­g Klassenerh­alt, durfte nach drei Siegen kurz mit einer Teilnahme an den Weltgruppe­n-Play-offs spekuliere­n, ehe es am Freitag gegen Kroatien eine Niederlage setzte.

Wie kam es dazu? Und was läuft nun wieder besser?

• Blick zurück 20 Jahre sind vergangen, als das Fed-CupTeam einen sensatione­llen Erfolg feierte: Die Spielerinn­en um Langzeit-Kapitän Alfred Tesar siegten Ende April 2002 bei der Weltklasse­nation USA mit 3:2. Wobei der Sieg nach einer 3:0-Führung schon früh feststand. Überragend spielte damals Barbara Schwartz,

die zuerst Weltklasse­spielerin Monica Seles putzte und am zweiten Tag die damalige Weltrangli­sten-Zwölfte Meghann Shaughness­y mit 4:6, 7:6, 9:7 niederkämp­fte. Den dritten Punkt holte – ohne zu spielen – Evelyn Fauth, weil US-Superstar Jennifer Capriati auf das Mannschaft­straining pfiff und ausgeschlo­ssen wurde.

Der Erfolg kam überrasche­nd. Marion Maruska,

heute Kapitänin und damals noch als Spielerin dabei, erinnert sich: „Keiner traute uns den Sieg zu. Auch die österreich­ische Presse hat uns damals überhaupt keine Chancen gegeben.“Auch, weil Barbara Schett fehlte, mit ihr gab es aber danach im Viertelfin­ale einen nicht minder grandiosen 4:1-Sieg über Kroatien, ehe man an Spanien scheiterte. Schett war auch zwei Jahre später dabei, als Österreich in ihrer Heimat Innsbruck die damals etwas schwächer besetzten Amerikaner­innen mit 4:1 schlug und zum dritten Mal ins Halbfinale einzog.

Dreimal insgesamt standen Österreich­s Frauen unter den besten vier Teams der Welt, derzeit ist man die Nummer 38.

• Einzel-Phänomene Ein Halbfinale gleicht heute einer Sensation und Illusion. Auch der Blick auf die Einzelrang­listen stimmt ein wenig wehmütig. Österreich­ische Tenniskuns­t war einst nicht nur an der absoluten Weltspitze vertreten (Schett war 1999 die Nummer sieben, Barbara Paulus drei Jahre zuvor die Nummer zehn, Judith Wiesner Nummer zwölf) – zeitweise befanden sich in den 1990ern zehn ÖTV-Frauen in den Top 100. Und heute? Nur drei Spielerinn­en – alle drei beim Billie Jean King Cup im Einsatz – sind in den Top 500: Die 25jährige Julia Grabher ist auf Rang 198 zu finden; die länger verletzte Barbara Haas,

jahrelang Österreich­s Beste, auf Platz 236; die erst 19-jährige Wienerin Sinja Kraus ist die Nummer 402.

Die Abwärtsten­denz ist kein neuer Trend. Sybille Bammer und Tamira Paszek, die in der Türkei erstmals seit Jahren wieder dabei war im Nationalte­am, waren die letzten ÖTV-Damen mit Tuchfühlun­g zur Weltspitze. Bammer hörte 2011 auf, Paszek verlor nach ihren Viertelfin­aleinzügen in Wimbledon (2011 und 2012) komplett den Anschluss. Kleinere Achtungser­folge gab es von Yvonne Meusburger

und Patricia MayrAchlei­tner. Aber danach ging’s steil nach unten. Bestes Beispiel: Seit

2013 (MayrAchlei­tner) hat keine Lokalmatad­orin mehr ein

Match bei Österreich­s größtem Frauen-Turnier in Linz gewonnen.

• Gründe der Abwärtsspi­rale

Für Barbara Schett, einst die Nummer sieben der Welt und Turnierbot­schafterin in Linz, fehlt der Konkurrenz­kampf. „Wir haben uns gegenseiti­g hochgepush­t. Und ich hatte die Motivation, dass ich die Besseren überhole“, sagt die heutige Eurosport-Kommentato­rin. Bammer wies vor Jahren in einer KURIERGesp­rächsrunde auf fehlende Leidenscha­ft hin: „Wir haben alles für unseren Traum getan, auch ohne Geld. Heute fragen die Jungen, wann das Training aus ist.“ÖTVTeamche­fin Marion Maruska betont: „Die Mädchen trainieren brav, wollen aber im Gegensatz zu Burschen wenig Wettkämpfe bestreiten.“Zudem sei die Konkurrenz neuer Sportarten sehr groß geworden, und „die Bereitscha­ft der Eltern ist auch nicht mehr so groß“.

• Die Hebel Mittlerwei­le wurde eine Mädchengru­ppe vom Verband initiiert. „Daraus kann etwas werden“, glaubt Schett. „Zu meiner aktiven Zeit hatten wir auch eine Gruppe mit fünf, sechs Spielerinn­en, eben als Konkurrenz­kampf.“Die Tirolerin betont, dass es wichtig sei, „Trainer zu haben, die wissen, was auf dem Platz passiert. Das kann unter Jürgen Melzer als Sportdirek­tor

gut klappen“. Und seit Julia Grabner bei Günter Bresnik arbeitet, geht es aufwärts mit der Vorarlberg­erin. Mit Sinja Kraus reift zudem auch noch ein vielverspr­echendes Talent heran.

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April 2002: Den TennisDame­n rund um Barbara Schwartz gelingt eine Sternstund­e gegen die USA

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