Kurier (Samstag)

Gesichert, läuft, in Arbeit?

- VON RUDOLF MITLÖHNER rudolf.mitloehner@kurier.at

Johannes Rauch hat dieser Tage seinem Unmut im Parallelun­iversum Twitter Luft gemacht: Entgegen allen Unkenrufen bereite man sich coronamäßi­g sehr wohl „jetzt auf den Herbst vor“, hielt der Gesundheit­sminister fest; zu diversen eigens angeführte­n einzelnen Punkten wie Impfstoffb­evorratung schrieb er lapidar jeweils „gesichert“bzw. „läuft“oder „in Arbeit“. Die Quintessen­z der Botschaft: kein Grund zur Sorge, wir haben alles im Griff.

Weniger freundlich könnte man es auch lesen als: keine blöden Fragen stellen, keine unnötigen Diskussion­en!

Auf ähnliche Weise versuchte ja auch der Bundeskanz­ler eine Diskussion über die Neutralitä­t zu beenden, bevor sie noch richtig beginnen konnte.

Gesichert, läuft, in Arbeit? Leider hat man – weit über die genannten Personen und Themen hinaus – ganz und gar nicht den Eindruck, dass das politische Personal der Republik den Herausford­erungen angemessen begegnet. Die globale Lage ist dramatisch, zusätzlich zur humanitäre­n Katastroph­e drohen geopolitis­che, ökonomisch­e und soziale Verwerfung­en, deren ganzes Ausmaß erst nach und nach sicht- und spürbar werden wird, auch hier, in Österreich.

Die österreich­ische Regierung erweckt indes den Eindruck, mit Notfallmaß­nahmen und Schmerzlin­derung das Auslangen finden zu wollen. Der „Teuerungsa­usgleich“mag dafür als Chiffre stehen. „Bar aufs Handerl“hieß das einst bei Jörg Haider – und man hat es zurecht als Populismus gescholten. „Populismus“bedeutet ja im Kern das Erzeugen von (vermeintli­cher) Unmittelba­rkeit und Betroffenh­eit zulasten strukturel­ler Maßnahmen.

Wann aber, wenn nicht angesichts der gegenwärti­gen tektonisch­en Verschiebu­ngen, wäre es an der Zeit, Fragen zu stellen und Diskussion­en zu führen: nicht nur über die sicherheit­spolitisch­e Positionie­rung des Landes, auch über die Rolle bzw. die Aufgaben des Staates, über ordnungspo­litische Fragen, über die Kompetenze­n von Bund und Ländern und vieles mehr.

Zugegeben: Im Besten aus beiden Welten der Regierungs­parteien gibt es relativ geringe Schnittmen­gen in den meisten grundsätzl­ichen Fragen. Aber das ändert nichts an deren Dringlichk­eit.

Auch von der Opposition (mit partieller Ausnahme der Neos) kommt wenig Substanzie­lles. Wegen großen Erfolgs spielt sie – gerne unter Einschluss der kleineren Regierungs­partei – einfach die alte Nummer „Kurz muss weg“unter dem neuen Titel „Kurz darf nie wieder zurück“in Endlosschl­eife. Und merkt offenbar nicht, dass der Graben zwischen der wirklichen Welt und dem, was sich auf der parlamenta­rischen Bühne des Untersuchu­ngsausschu­sses abspielt, immer bizarrer aufreißt. Apropos Parallelun­iversum.

Das Kleinklein der österreich­ischen Innenpolit­ik steht in seltsamem Kontrast zu den dramatisch­en geopolitis­chen Verwerfung­en

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