„Altersdiskriminierung“: Keine Filialen, kein Kredit mehr für 54-Jährige
Seniorenvertreter von ÖVP und SPÖ orten systemische Schlechterstellung von Älteren und sehen Institute und Justiz gefordert
Banken. „Altersdiskriminierung ist ein absolutes No-Go, leider aber gang und gäbe“, lässt Ingrid Korosec, Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes, auf horchen. Was die Seniorenvertreterin damit insbesondere bezogen auf den Finanzsektor meint, lässt sich an Beispielen festmachen. Beginnend bei den Instituten selbst.
Es gebe immer weniger Bankfilialen in Österreich, so Korosec zum KURIER. „Innerhalb von 20 Jahren gingen österreichweit 1.000 Standorte verloren, es gibt im ganzen Land weniger als 4.000 Filialen. Dazu gehören viele Selbstbedienungseinrichtungen ohne menschliche Ansprechpartner. Auch Bankkonten werden mangels Rentabilität rückgebaut – ohne daran zu denken, dass nicht einmal die Hälfte aller über 60-Jährigen Online-Banking nutzen“. Erst Menschen, die in 15 Jahren in Pension gehen werden, führt Korosec weiter aus, „werden sich ganz selbstverständlich in der digitalen Welt zurechtfinden“. Bis dahin müssten „in diesem Zeitraum sowohl digitale als auch analoge Angebote parallel und für alle gleich zugänglich bestehen bleiben“.
Darüber hinaus orten Korosec und Peter Kostelka, Präsident des SPÖ-Pensionistenverbandes, Altersdiskriminierung insbesondere bei der Vergabe von Krediten und Versicherungen. „2,5 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten, die ihr Leben lang gearbeitet haben, haben einen Anspruch auf eine faire Behandlung“, so Kostelka, der höhere Kosten für KfzVersicherungen bei Menschen über 70 als Beispiel aus der Praxis nennt. Korosec führt zudem auf KURIERNachfrage Beispiele bei Bankkredit-Vergaben ins Treffen, die die Altersdiskriminierung veranschaulichen.
Höhere Kreditrate
Eine 54-Jährige, die über ein gesichertes Einkommen, eine Eigentumswohnung und Eigenmittel (60.000 Euro) verfüge, bekomme bei heimischen Instituten keinen Kredit mehr für eine Vorsorgewohnung. Grund: Man könne ob ihres Alters nur einen Kredit mit einer 20-jährigen Laufzeit vergeben. Die sich dadurch ergebende höhere Kreditrate sei mit ihrem Einkommen nicht vereinbar. Anderes Negativ-Beispiel: Ein 67-jähriger Beamter braucht für eine Hausrenovierung einen Kredit über 10.000 Euro, bekommt diesen von der Hausbank aber nur mit einer dreijährigen Laufzeit. Grund: Dann sei der Herr 70 Jahre alt – und für ab 70-Jährige sei keine Kreditvergabe vorgesehen. Zudem werde der Kredit erst gewährt, wenn die Bank die Höhe seiner Ablebensversicherung kennt.
In Österreich verweigern Banken älteren Menschen oft einen Kredit, wenn die Tilgung länger dauert als die statistische Lebenserwartung, wissen die Präsidenten von Seniorenbund und Pensionistenverband.
Die jetzige Gesetzeslage in Österreich führe dazu, „dass ältere Menschen über Finanzvermittler zu deutschen Banken, wo sie zu schlechteren Konditionen, aber flexibleren Laufzeiten Geld leihen können“wechseln, so Korosec.
In Deutschland sei im Gegensatz dazu Altersdiskriminierung bei Kreditvergaben untersagt. Heißt: Wer genügend Sicherheiten bringt, der bekomme auch einen Kredit. Das entspreche EU-Recht. Korosec und Kostelka verlangen deshalb zum wiederholten Male eine Anpassung der Rechtslage an Deutschland. Die zuständige Justizministerin Alma Zadić habe bereits ihre Unterstützung zugesagt.