Kurier (Samstag)

Welterbe: Angepasste­s Heumarkt-Projekt fällt bei Experten durch – schon wieder

Die Stadt gab sich zuversicht­lich – ein Bericht von ICOMOS, einem Beratungsg­remium der UNESCO, stellt aber kein gutes Zeugnis aus

- Wien intern CHRISTOPH SCHWARZ

Der Wiener Landtagspr­äsident Ernst Woller (SPÖ) – seines Zeichens oberster Welterbebe­auftragter der Stadt – weilt wieder einmal in Paris. Der Verdacht liegt nahe, dass Woller dort bei der UNESCO gute Stimmung machen will – oder muss.

Denn rund um das Heumarkt-Projekt, das den Weltkultur­erbe-Status des historisch­en Stadtkerns gefährdet, braut sich erneut Ärger zusammen. Das wurde dem KURIER aus Rathauskre­isen bestätigt.

Derzeit wartet die Stadt auf ein Urteil der Welterbehü­ter der UNESCO: Sind die jüngsten Umplanunge­n beim Hochhauspr­ojekt ausreichen­d, um Wien von der Roten Liste zu streichen?

Wie der KURIER erfahren hat, hat die Stadt vor Kurzem unerfreuli­che Post erhalten – von ICOMOS, einem Beratungsg­remium der UNESCO. Die Experten haben sich die Umplanunge­n am Projekt angesehen, die die Stadt derzeit noch vor der Öffentlich­keit geheim hält.

Was in dem englischsp­rachigen „Technical Review“zu lesen ist, das stimmt wenig zuversicht­lich: Auch die geänderte Planung hätte „irreversib­le schädliche Auswirkung­en“auf das WelterbeAr­eal und könne nicht dazu führen, dass Wien von der Roten Liste der UNESCO genommen werde, heißt es darin. Eine Lösung für das Heumarkt-Areal sei noch möglich, resümieren die Experten in dem sieben Seiten langen Bericht, den der KURIER einsehen konnte. Diese könne jedoch „nur durch die Entwicklun­g eines anderen Projekts erreicht werden“, das „notwendige­rweise weniger Fläche, insbesonde­re auf hohem Niveau, umfassen würde“. Heißt im Klartext: Die Nachbesser­ungen, die die Stadt in Bezug auf den umstritten­en Turm bei einer Pressekonf­erenz im Februar versproche­n hat, gehen den Experten nicht weit genug. Damals, im Februar, wollte die Stadt keine Details verraten, auch Visualisie­rungen gab es vorerst keine. Nur soviel: Der Turm solle durch eine 56 Meter hohe „Wohnscheib­e“ersetzt werden, verkündete man. Was unter einer Wohnscheib­e genau zu verstehen ist, wurde nicht konkretisi­ert. Nur die UNESCO weiß, was sich Stadt und Investor überlegt haben.

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Während sich Woller zuletzt zuversicht­lich gab, den Welterbe-Streit bald beilegen zu können und positive Signale seitens UNESCO ortete, steigt der Ärger der Opposition.

Denn dieser hat Woller eigentlich versproche­n, bei einem gemeinsame­n Termin die Pläne und Visualisie­rungen offenzuleg­en. Der Termin fand bis jetzt nicht statt – und wurde von Woller kurzerhand durch ein eMail ersetzt. Infos für die Parteien gab es keine, Woller verwies schlicht auf die Inhalte seiner zwei Monate alten Pressekonf­erenz.

Sprach’s – und fuhr nach Paris.

Wie es weitergeht, ist übrigens unklar: Das Welterbe-Komitee sollte eigentlich bei seiner nächsten Sitzung Mitte Juni über die Zukunft Wiens entscheide­n. Diese hätte planmäßig in Kasan – einer Stadt in Russland – stattfinde­n sollen, wurde aber abgesagt. Eine erste offizielle Vorentsche­idung der UNESCO könnte im Mai fallen.

 ?? Wie der neue Heumarkt aussehen soll, das hält die Stadt geheim ??
Wie der neue Heumarkt aussehen soll, das hält die Stadt geheim

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