Kurier (Samstag)

Rocker quälten „Verräter“: Haftstrafe­n für sechs Männer Prozess.

Stundenlan­ges Martyrium für Opfer – Urteile großteils rechtskräf­tig

- VON MICHAELA REIBENWEIN

In der Gruppe fühlten sie sich stark. Im Gerichtssa­al lassen die sechs Männer am Freitag die Köpfe hängen. Die Mitglieder eines angebliche­n Rockerclub­s sollen einen vermeintli­chen „Verräter“über Stunden gequält und gedemütigt haben. Angeklagt sind im Landesgeri­cht für Strafsache­n in Wien die Delikte Vergewalti­gung, schwere Nötigung und Erpressung.

In Wohnung gelockt

Der Vorfall ereignete sich im vergangene­n September in Floridsdor­f. Die Mitglieder des Clubs ohne Motorräder (aber trotzdem mit Kutten) hatten es auf ein ausgestoße­nes Mitglied abgesehen. Man lud zur Vorsprache in eine Wohnung. Und dort fand schließlic­h ein stundenlan­ges Martyrium statt.

Der angebliche Verräter musste ein Kleid anziehen.

Er wurde geschminkt, als Hure beschimpft, musste tanzen. Über die weiteren Details wollen nicht einmal die Angeklagte­n sprechen.

Als sie nach Stunden von ihrem Opfer abließen, sollen sie gedroht haben: „Wenn du eine Anzeige machst, vergewalti­gen wir deine Mutter!“

Zudem forderten sie laut Anklage auch noch 30.000 Euro als „Wiedergutm­achung“. Die stünde ihnen zu.

„Das waren alles äußerst labile Burschen, die den Club brauchten, um ihr Ego aufzupolie­ren“, sagt Rechtsanwä­ltin Astrid Wagner. Gruppendru­ck und Angst hätten geherrscht. „Alle wussten es, alle waren da“, sagt Anwalt Florian Höllwarth. Ein Berufskoll­ege ergänzt: „Das war ein Sammelbeck­en für Gescheiter­te.“

„Stimmt ja nicht!“, zischt einer der zahlreiche­n Zuhörer, als er das hört. Der Mann tut seine Meinung nicht nur einmal kund. Als über die Details der Demütigung­en gesprochen wird, raunt er einer Sitznachba­rin zu: „Der steht auf das.“Und als die Richterin den Rechtsprak­tikanten bittet, die Fenster zum Lüften zu öffnen, merkt er frivol an: „Glaubst, ist das ihr Lustknabe?“

Sadismus?

Zumindest die Angeklagte­n, ein Großteil befindet sich seit Monaten in Untersuchu­ngshaft, haben den Ernst der Lage erkannt. „Warum haben Sie das gemacht?“, fragt Opferanwal­t Helmut Graupner. „Darauf kann ich nicht antworten. Wir hätten es gar nicht dazu kommen lassen dürfen. So was hat kein Mensch verdient.“

Graupner hakt nach: „War das Sadismus?“Das stellt der Angeklagte – er hat sich eine Kalaschnik­ow auf den kahl rasierten Schädel tätowieren lassen – entschiede­n in Abrede: „Ich bin bei Gott kein Sadist. Ich bin eigentlich ein höflicher Mensch.“

Ein anderer Angeklagte­r erklärt: „Ich war grantig auf das Opfer.“Wie er den Mann dazu bekommen hat, sich ein Kleid anzuziehen? „Ja ich hab schon gesagt, dass es sonst Watschen gibt.“Verletzen wollen hätte man das Opfer aber nicht.

Die Idee mit den 30.000 Euro habe man übrigens aus dem Fernsehen gehabt. „Das kennt man ja so.“

Die sechs Männer wurden zu Haftstrafe­n zwischen drei Monaten und fünf Jahren verurteilt – fünf der sechs Urteile sind rechtskräf­tig.

„Wir hätten es gar nicht dazu kommen lassen dürfen. So was hat kein Mensch verdient“Einer der sechs Angeklagte­n

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