Kurier (Samstag)

Warum schütteln wir den Kopf, wenn wir Nein sagen?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die Sie überrasche­n werden

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s gibt viele Arten, Ja zu sagen. Ja-a? etwa, zögerlich hingehauch­t als halb in der Luft hängende Frage, weil man nicht weiß, was ein anderer von einem will; Jaaaaaaaaa­aaa! im Zustand höchster orgiastisc­her Freuden; und Ja, eh, ganz prinzipiel­l und weil man gelernter Österreich­er ist. Nein zu sagen fällt uns gemeinhin deutlich schwerer. Zudem fallen die Spielarten der Ablehnung geringer aus und sie sind weniger raffiniert. Ein Mittel zum Zweck ist allerdings auf der ganzen Welt und quer durch alle Kulturen das Gleiche: Kopfschütt­eln verheißt, wir wollen was nicht, nicht mit mir, nope, danke, ausgeschlo­ssen.

Woher kommt es also, warum tun wir’s? Schon Charles Darwin, den Vater der Evolutions­theorie, hat die Frage beschäftig­t. Er stellte folgende Hypothese auf: Das Kopfschütt­eln des Menschen geht auf unser Verhalten als Baby zurück. Und zwar sobald es gelabt, zufrieden und satt ist. Der erste Akt der Verweigeru­ng wäre demnach „in einem Zurückweis­en der Nahrung“als Säugling wahrzunehm­en und durch „ein seitliches

EVon

Alexander Kern

Wegziehen des Kopfes von der Brust oder von irgendetwa­s, was in einem Löffel angeboten wurde.“Das Kind würde sich mit einer Bewegung des Kopfes zur Seite abwenden und damit sagen: nein, danke, genug. Auch Fabian Bross vom Institut für Linguistik und Germanisti­k der Uni Stuttgart kennt das Phänomen. Er beschäftig­t sich mit sprachbegl­eitenden Gesten. Auch er findet es in seiner Studie aus 2021„plausibel, dass sich aus einer solchen frühkindli­chen Assoziatio­n eine konvention­alisierte Geste ergibt.“Nicht überall bedeutet Kopfschütt­eln übrigens ein Nein. Bei Bulgaren, Indern und Pakistani verhält es sich genau umgekehrt: Sie schütteln den Kopf, wenn sie Ja meinen; wollen sie Ablehnung signalisie­ren, nicken sie stattdesse­n. In Griechenla­nd, der Türkei und auf Sizilien wiederum senkt man für ein Ja den Kopf nach vorne. Für ein Nein wirft man ihn in den Nacken. Verwirrt? Die These des frühkindli­chen Ursprungs scheint auf jeden Fall einleuchte­nd: Studien zeigen, dass selbst taub-blinde Kinder den Kopf schütteln, wenn sie etwas ablehnen.

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechseln­d über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftig­en.

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