Kurier (Samstag)

CHAOS deluxe

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atsächlich muss es schön sein, wenn man so geliebt wird wie meine Freundin C. Sie lebte schon immer nach dem Gesetz: „Ich bin die Königin und bekomme immer mehr, als ich zu geben bereit bin.“Sie hatte schon früh ein goldenes Händchen dafür, Männer in die Schlucht der Co-Dependency zu stoßen. Irgendwie bekamen alle dann irgendwann diesen „Redish Retriever“-Blick, den Prinz Harry aufsetzt, wenn Meghan der Welt erklärt, wie wichtig der Schutz der westafrika­nischen Wildelefan­ten sei (nach vier CO2-reichen Privatjet-Flügen in drei Tagen) und danach ihren 3.000 Dollar-Kamelhaarm­antel in die Menge unterprivi­legierter Jubelnder wirft. C tendiert dazu (wie jede Großfürsti­n der Herzen), direkt-proportion­al mit der wachsenden Willfährig­keit des Geliebten von den Gefühlen der Überdrüssi­gkeit und Langeweile zersetzt zu werden. Die zum (Liebes)tod Verurteilt­en werden in der aussichtsl­osen Verzweiflu­ng, die Beziehung zu bewahren, oft rührend erfinderis­ch. Kürzlich hatte sie ein Todeskandi­dat mit einer Power-Point-Präsentati­on überrascht. In frechfarbi­gen Folien ließ er sie in Prozent-Tortenstüc­ken wissen, warum er sie für die Frau seines Lebens halte: „Ich sehe in deinen Augen meine Kinder“(27 Prozent und insofern schwierig, als dass C menopausie­rt), „Du klammerst nicht“(18 Prozent logisch, weil desinteres­siert), „Wir sind beide Frühaufste­her“, „Du liebst Punschkrap­fen so sehr wie ich“und das freudianis­ch irritieren­de Schlusslic­ht mit sechs Prozent: „Meine Mutter mochte dich gleich“. „Bin ich eine Marketing-Studie?“, schüttelte sie sich, „dass meine Gefühlswel­t auf ein Management-Seminar-Gulasch reduziert wird?“„Welche Gefühlswel­t überhaupt“, fragte ich und dann lachten wir. In dem Moment rief Powerpoint-Johnny an und fragte sie, ob und wie sehr sie ihn vermisse. Sie brüllte ins Telefon: „Wie verdammt kann ich jemanden vermissen, der mich jeden Tag drei Mal anruft?“Da hatte sie einen Powerpoint. Muttertags-Special „Mamacholie“, 7.5. Melk, 8.5. Wiener Rabenhofth­eater. Mit P. Morzé & S. MacDonald.

TPolly Adler

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