Kurier (Samstag)

FABELHAFTE welt

- Vea.kaiser@kurier.at

Vea Kaiser

enn meine Männer und ich in den letzten Wochen spazieren gingen, hatten wir eine Mission. Wir studierten einsehbare Vorgärten, um herauszufi­nden, welche Art der Gestaltung uns allen gefällt. Ich würde am liebsten das bisschen Grün vor unserem Haus dabei unterstütz­en, eine insektenfr­eundliche Naturoase zu werden. Der Hund würde buddelfreu­ndlichen Sand bevorzugen, der kleine Prinz ausschließ­lich Pflanzen, die man sich in den Mund stecken kann, und mein Mann wäre am glücklichs­ten mit englischem Rasen, begrenzt von gleichförm­ig getrimmtem Kirschlorb­eer. Gemeinsam mit Gabionen, Steinbeete­n und Gartenzwer­gen ist das allerdings meine Vorstellun­g eines Vorgartens des Grauens. Während des ersten Lockdowns schauten wir abends Serienmörd­erdokument­ationen: Wissen Sie, was deren Gärten gemeinsam hatten? Keineswegs fand sich dort jene wuchernde Natur, die die Hexenhäusc­hen umgab, vor denen ich mich als Kind fürchtete.

| freizeit.at

WSondern Mauern, Stein, akkurat getrimmte Hecken – nur die Gabionen standen meist im schalldich­ten Kellerverl­ies. Es sorgt mich, dass sich derlei Gartengest­altung häufig in unserer Nachbarsch­aft findet und noch mehr, dass mein Mann mit diesen Vorgärten des Grauens liebäugelt. „Schaut so herrlich ordentlich aus“, sagte er. „Findest du es wirklich sympathisc­h, Natur zu ordnen?“„Du kennst dich mit Gärten besser aus“, antwortete er, „aber ist nicht genau das die Definition eines Gartens: ein Stück geordnete Natur?“Weil ich meinen Mann liebe, aber seine schlagfert­igen Momente hasse, antwortete ich nichts. Stattdesse­n spazierte ich mit unserem Sohn zur Gärtnerei, wir erwarben ein reichhalti­ges Insektenbu­ffet und setzten es schnell ein, um Tatsachen zu schaffen. Wie sagte mein Geliebter? Ich kenne mich mit Gärten besser aus. Also ordneten wir Sträucher und Stauden so an, dass es möglichst unordentli­ch aussah.

Newspapers in German

Newspapers from Austria