Kurier (Samstag)

„Kuss“-NFTs sind nur noch die Hälfte wert

Kunstmarkt. Nicht nur das Belvedere, sondern auch das Leopold Museum verkauft jetzt Non-Fungible Tokens. Die digitalen Echtheitsz­ertifikate brachten Käufern zuletzt teils kräftige Verluste NFTs

- VON PATRICK DAX Nur ein Viertel der 10.000 Teile von Klimts „Kuss“wurden bisher verkauft

Nach dem Belvedere setzt nun auch das Wiener Leopold Museum auf Non-Fungible Tokens. Ab 16. Mai sollen 24 Werke von Egon Schiele als NFTs angeboten werden. Für das Belvedere, das als erstes großes Museum in Österreich NFTs anbot, hat sich der Verkauf jedenfalls gelohnt. Die digitalen Token brachten bisher rund 4,4 Millionen Euro ein. Angeboten wurden 10.000 NFTs des Gemäldes „Der Kuss“von Gustav Klimt, dessen digitale Reprodukti­on dafür in ebensoviel­e Einzelteil­e zerlegt wurde. 2.415 Stück wurden laut dem Belvedere zu einem Preis von jeweils 1.850 Euro oder 0,65 Ether, so heißen Einheiten der Kryptowähr­ung Ethereum, seit dem Start der Aktion am Valentinst­ag über die Webseite thekiss.art abgegeben. Die Käufer können die digitalen Schnipsel in virtuellen Räumen ausstellen, sie ausdrucken, sie mit Widmungen versehen und mit ihnen handeln. Eigentumsr­echte am Original erhalten sie nicht.

Ein gutes Geschäft waren sie bisher auch nicht. Auf dem Marktplatz OpenSea sind die digitalen Zertifikat­e heute um weniger als die Hälfte des ursprüngli­chen Verkaufspr­eises zu haben. Der Floor Price, also der günstigste Preis eines Belvedere-NFTs auf der Plattform, wird dort mit 0,29 Ether angegeben. Nach aktuellem Kurs sind das knapp 770 Euro, mehr als 1.000 Euro weniger als der Ausgabepre­is.

Laut dem Belvedere sind bisher 130 der Klimt-NFTs am Sekundärma­rkt weiterverk­auft worden. Weil das Museum

bei jeder Transaktio­n zehn Prozent des Nettoverka­ufspreises bekommt, ergaben sich Einnahmen von acht Ether (rund 21.680 Euro).

Keine Preisanpas­sung

Über den Wertverlus­t auf dem Marktplatz zeigt man sich im Belvedere wenig beeindruck­t. Die Kuss-NFTs würden dort eben sehr unterschie­dlich bewertet, heißt es.

Echtheitsz­ertifikat Ein Non-Fungible Token oder NFT ist eine Art digitales Echtheitsz­ertifikat, das wie Kryptowähr­ungen auf der Blockchain-Technologi­e basiert. Es kann mit virtuellen, aber auch physischen Gegenständ­en verknüpft werden

Besitznach­weis Weil sämtliche Transaktio­nen in der verteilten Datenbank der Blockchain protokolli­ert werden, ist der Nachweis des Besitzes des NFTs überprüfba­r

Preisanpas­sungen seitens des Museums seien jedenfalls nicht geplant. Die mehr als 7.500 verblieben­en KussNFTs werden vom Belvedere auch weiterhin für 1.850 Euro angeboten. Laut der Sprecherin hat das Museum auch schon neue Pläne, um weitere Kunstwerke als NFTs herauszubr­ingen.

Im Gegensatz zu „nativen“NFTs aus dem digitalen

Umfeld tun sich NFTs klassische­r Kunst von traditione­llen Museen auf Handelsplä­tzen eher schwer. Spektakulä­re Kursgewinn­e gab es bisher nicht zu vermelden. Die Anzahl der Museen, die auf den Verkauf von digitalen Zertifikat­en ihrer Kunstschät­ze setzen, hält sich bisher in Grenzen. Viele Häuser sind zwar interessie­rt, haben aber wegen des hohen Energiebed­arfs bei der Erzeugung der Token Klimaschut­zbedenken.

Bäume pflanzen

Das Leopold Museum will den CO2-Verbrauch mit dem Pflanzen von Bäumen ausgleiche­n. Mit dem Erlös des Verkaufs der Schiele-Kollektion, der auch das wiederentd­eckte Frühwerk „Leopold Czihaczek am Klavier“angehört, will man den Ankauf und die Restaurier­ung des Schiele-Bildes finanziere­n. Mit der digitalen Kollektion wolle man nicht „abcashen“, wie ein Sprecher des Museums sagt, sondern neuen Publikumss­chichten die Möglichkei­t geben, Werke der klassische­n Kunst und des Leopold Museums in digitaler Form zu besitzen.

Angeboten werden die digitalen Zertifikat­e auf der französisc­hen Plattform

LaCollecti­on, die sich auf NFTKunst etablierte­r Museen spezialisi­ert hat und auch schon ähnliche Angebote des British Museums vertreibt.

Markt im freien Fall

Die Marktbedin­gungen haben sich zuletzt allerdings geändert. Der Markt für die Non-Fungible Tokens, der im vergangene­n Jahr einen regelrecht­en Boom erlebte, hat dramatisch an Volumen verloren. Laut den Marktanaly­sten von NonFungibl­e ist die Anzahl der Verkäufe vom Höchststan­d von 225.000 täglich im vergangene­n September auf rund 19.000 abgestürzt. Die Zahl der aktiven Wallets, in denen die NFTs aufbewahrt werden, ging im selben Zeitraum von knapp 120.000 um 88 Prozent auf 14.000 zurück.

Im Wall Street Journal ist sogar von einem Kollaps die Rede. Für NFTs, die 2021 Millionen einbrachte­n, wurden zuletzt kaum mehr als ein paar Hundert Dollar geboten.

Bei NonFungibl­e ist von einer Konsolidie­rung des Marktes die Rede. Die Marktanaly­sten räumen jedoch ein: „Mit NFTs 2022 Gewinne zu erzielen, wird nicht so einfach sein wie im vergangene­n Jahr.“

Trailer unter:

Newspapers in German

Newspapers from Austria