„Kuss“-NFTs sind nur noch die Hälfte wert
Kunstmarkt. Nicht nur das Belvedere, sondern auch das Leopold Museum verkauft jetzt Non-Fungible Tokens. Die digitalen Echtheitszertifikate brachten Käufern zuletzt teils kräftige Verluste NFTs
Nach dem Belvedere setzt nun auch das Wiener Leopold Museum auf Non-Fungible Tokens. Ab 16. Mai sollen 24 Werke von Egon Schiele als NFTs angeboten werden. Für das Belvedere, das als erstes großes Museum in Österreich NFTs anbot, hat sich der Verkauf jedenfalls gelohnt. Die digitalen Token brachten bisher rund 4,4 Millionen Euro ein. Angeboten wurden 10.000 NFTs des Gemäldes „Der Kuss“von Gustav Klimt, dessen digitale Reproduktion dafür in ebensoviele Einzelteile zerlegt wurde. 2.415 Stück wurden laut dem Belvedere zu einem Preis von jeweils 1.850 Euro oder 0,65 Ether, so heißen Einheiten der Kryptowährung Ethereum, seit dem Start der Aktion am Valentinstag über die Webseite thekiss.art abgegeben. Die Käufer können die digitalen Schnipsel in virtuellen Räumen ausstellen, sie ausdrucken, sie mit Widmungen versehen und mit ihnen handeln. Eigentumsrechte am Original erhalten sie nicht.
Ein gutes Geschäft waren sie bisher auch nicht. Auf dem Marktplatz OpenSea sind die digitalen Zertifikate heute um weniger als die Hälfte des ursprünglichen Verkaufspreises zu haben. Der Floor Price, also der günstigste Preis eines Belvedere-NFTs auf der Plattform, wird dort mit 0,29 Ether angegeben. Nach aktuellem Kurs sind das knapp 770 Euro, mehr als 1.000 Euro weniger als der Ausgabepreis.
Laut dem Belvedere sind bisher 130 der Klimt-NFTs am Sekundärmarkt weiterverkauft worden. Weil das Museum
bei jeder Transaktion zehn Prozent des Nettoverkaufspreises bekommt, ergaben sich Einnahmen von acht Ether (rund 21.680 Euro).
Keine Preisanpassung
Über den Wertverlust auf dem Marktplatz zeigt man sich im Belvedere wenig beeindruckt. Die Kuss-NFTs würden dort eben sehr unterschiedlich bewertet, heißt es.
Echtheitszertifikat Ein Non-Fungible Token oder NFT ist eine Art digitales Echtheitszertifikat, das wie Kryptowährungen auf der Blockchain-Technologie basiert. Es kann mit virtuellen, aber auch physischen Gegenständen verknüpft werden
Besitznachweis Weil sämtliche Transaktionen in der verteilten Datenbank der Blockchain protokolliert werden, ist der Nachweis des Besitzes des NFTs überprüfbar
Preisanpassungen seitens des Museums seien jedenfalls nicht geplant. Die mehr als 7.500 verbliebenen KussNFTs werden vom Belvedere auch weiterhin für 1.850 Euro angeboten. Laut der Sprecherin hat das Museum auch schon neue Pläne, um weitere Kunstwerke als NFTs herauszubringen.
Im Gegensatz zu „nativen“NFTs aus dem digitalen
Umfeld tun sich NFTs klassischer Kunst von traditionellen Museen auf Handelsplätzen eher schwer. Spektakuläre Kursgewinne gab es bisher nicht zu vermelden. Die Anzahl der Museen, die auf den Verkauf von digitalen Zertifikaten ihrer Kunstschätze setzen, hält sich bisher in Grenzen. Viele Häuser sind zwar interessiert, haben aber wegen des hohen Energiebedarfs bei der Erzeugung der Token Klimaschutzbedenken.
Bäume pflanzen
Das Leopold Museum will den CO2-Verbrauch mit dem Pflanzen von Bäumen ausgleichen. Mit dem Erlös des Verkaufs der Schiele-Kollektion, der auch das wiederentdeckte Frühwerk „Leopold Czihaczek am Klavier“angehört, will man den Ankauf und die Restaurierung des Schiele-Bildes finanzieren. Mit der digitalen Kollektion wolle man nicht „abcashen“, wie ein Sprecher des Museums sagt, sondern neuen Publikumsschichten die Möglichkeit geben, Werke der klassischen Kunst und des Leopold Museums in digitaler Form zu besitzen.
Angeboten werden die digitalen Zertifikate auf der französischen Plattform
LaCollection, die sich auf NFTKunst etablierter Museen spezialisiert hat und auch schon ähnliche Angebote des British Museums vertreibt.
Markt im freien Fall
Die Marktbedingungen haben sich zuletzt allerdings geändert. Der Markt für die Non-Fungible Tokens, der im vergangenen Jahr einen regelrechten Boom erlebte, hat dramatisch an Volumen verloren. Laut den Marktanalysten von NonFungible ist die Anzahl der Verkäufe vom Höchststand von 225.000 täglich im vergangenen September auf rund 19.000 abgestürzt. Die Zahl der aktiven Wallets, in denen die NFTs aufbewahrt werden, ging im selben Zeitraum von knapp 120.000 um 88 Prozent auf 14.000 zurück.
Im Wall Street Journal ist sogar von einem Kollaps die Rede. Für NFTs, die 2021 Millionen einbrachten, wurden zuletzt kaum mehr als ein paar Hundert Dollar geboten.
Bei NonFungible ist von einer Konsolidierung des Marktes die Rede. Die Marktanalysten räumen jedoch ein: „Mit NFTs 2022 Gewinne zu erzielen, wird nicht so einfach sein wie im vergangenen Jahr.“
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