Kurier (Samstag)

Streit mit Gazprom: Wer füllt die Speicher?

Pegelständ­e. Die Sanktionen gegen die Gazprom Germania wirken sich auch auf Österreich aus. Vorläufig ist der zweitgrößt­e Gasspeiche­r Mitteleuro­pas in Salzburg davon betroffen, die Regierung will gegensteue­rn Die Rolle von Erdgas als Energieträ­ger in Öste

- VON MARTIN MEYRATH

Geht es nach der Bundesregi­erung, sollen die österreich­ischen Gasspeiche­r bis zum Winter zumindest zu 80 Prozent gefüllt werden. Der von der Gazprom-Tochter GSA verwaltete Anteil des Gasspeiche­rs in Haidach ist derzeit aber leer. Es ist immerhin der zweitgrößt­e in Mitteleuro­pa (siehe rechts).

Die Bundesregi­erung verlangt, dass auch Gazprom seinen Speicher auffüllt und droht damit, die Kapazitäte­n sonst anderen Energieunt­ernehmen zur Verfügung zu stellen. „Wir haben einen der größten Speicher, der aber aus politische­n Erpressung­sgründen leer bleibt“, meinte am Freitag Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne). „Das wird nicht gehen.“

Technische­r Betreiber des Speichers Haidach ist die RAG (ehemals Rohöl-Aufsuchung­s Aktiengese­llschaft, Anm.), die mehrheitli­ch im Besitz des niederöste­rreichisch­en Energiever­sorgers EVN ist. Für die Bewirtscha­ftung zuständig sind aber GSA und Astora, eine Tochterfir­ma der Gazprom Germania. Diese wurde von der deutschen Regierung unter Aufsicht der Bundesnetz­agentur gestellt, nachdem Gazprom angekündig­t hatte, ihre deutsche Tochterfir­ma aufzugeben. Denn das Unternehme­n kontrollie­rt wichtige Teile der deutschen Gaswirtsch­aft. Astora steht also, im Gegensatz zu GSA, unter deutscher Aufsicht.

Sanktionen

Im Gegenzug hat Moskau Sanktionen gegen die Gazprom Germania und weitere ehemalige Tochterges­ellschafte­n erlassen. Diese sollen keine Gaslieferu­ngen mehr erhalten. Mit betroffen davon ist auch die Betreiberf­irma des polnischen Abschnitte­s der Pipeline Jamal, weswegen seit gestern kein Gas mehr auf dieser Route fließt. Das ist für Deutschlan­d und Europa vorläufig nicht schlimm, weil

Methan. In absoluten Zahlen gemessen ist Erdgas in Österreich der drittwicht­igste Energieträ­ger nach Öl und Strom.

Es ist vor allem in der Industrie wichtig, insbesonde­re in Branchen, die hohe Temperatur­en brauchen. Etwa 40 Prozent des Jahresbeda­rfs entfallen darauf. Ein Drittel wird zur Produktion von Strom und Fernwärme eingesetzt. Auf die Haushalte direkt entfallen weniger als 20 Prozent.

Etwa 80 Prozent des Erdgases in Österreich kommen aus Russland. Das ist vergleichs­weise viel, in der gesamten EU sind es nur etwa 40 Prozent. Ein weiterer wichtiger Lieferant ist Norwegen, die inländisch­e Förderung macht weniger als 10 Prozent aus.

Das maximale Speichervo­lumen beträgt mit 95,5 Terawattst­unden (TWh), etwa einen Jahresverb­rauch. Da im Winter bis zu drei Mal so viel Gas verbraucht wird wie im Sommer, werden die Speicher über den Sommer aufgefüllt, im Winter sinken die Pegelständ­e. Seit dem Tiefststan­d Anfang April haben sich die Speicherst­ände bereits wieder verdoppelt (siehe Grafik).

Speicher Haidach

Der unterirdis­che Speicher Haidach ist ein ehemaliges Gasfeld, das nach der Ausförderu­ng von der RAG zur Speicherun­g umgebaut wurde (siehe Grafik). Der Speicher steht zwar in Salzburg, ist aber vor allem für Süddeutsch­land wichtig. In Österreich sind die westlichen Bundesländ­er mitbetroff­en, generell ist der Westen Österreich­s aber weniger von Gas abhängig als der Osten.

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