Auf dem Weg in die NATO. Die nicht ganz neutrale Neutralität
Schweden und Finnland lassen die Neutralität hinter sich, Österreich und die Schweiz bleiben dabei. Freiwillig, so wie es nationale Mythen erzählen, ist die Neutralität nie entstanden
Der Bundespräsident ließ es sich auch diesmal nicht nehmen. Beim Besuch von UN-Generalsekretär Antonio Guterres in der Vorwoche verwies Alexander van der Bellen auf Österreichs Neutralität. Damit komme man auch im aktuellen Ukraine-Konflikt als Vermittler ins Spiel.
Nicht ganz zufällig kommt die Neutralität dem Bundespräsidenten gerade jetzt in den Sinn. Sind doch zwei europäische Staaten drauf und dran, diese Neutralität hinter sich zu lassen. Finnland und gleich dahinter Schweden nehmenKursaufeineNATO-Mitgliedschaft. Der Ukraine-Krieg, so betont man in Helsinki und Stockholm, habe die europäische Sicherheitsarchitektur auf den Kopf gestellt. Man sei entschlossen, sich neu zu positionieren.
So schnell kann der Abschied von der Neutralität gehen – oder eben nicht. Denn in Österreich, ganz ähnlich wie in der Schweiz, denkt man gar nicht daran, das lieb gewonnene Stück nationaler Identität abzulegen. Eine Debatte, über die Neutralität, wie sie doch gerade von der ÖVP in vergangenen Jahren immer wieder angezündet worden war, ist nicht in Sicht. Maßgebliche Regierungsvertreter wie etwa Außenminister Schallenberg betonen, dass man sich auch als Neutraler weltpolitisch engagieren und mit den europäischen Partnern kooperieren könne.
Kein Ablaufdatum also für eine Position, die eigentlich ein mühsam ausgehandelter Kompromiss und damit eine sehr österreichische Lösung war. Die zu hinterfragen, das wäre, wie der Historiker Oliver Rathkolb einst kommentierte, „politischer Selbstmord“.