Kurier (Samstag)

Erste Frau als ungarische­s Staatsober­haupt ist gut vernetzte Orbán-Loyalistin

Katalin Novák war bisher Familienmi­nisterin und machte sich mit konservati­ver Politik vor allem internatio­nal einen Namen

- KKS

Ungarn. Beförderun­g für eine von Viktor Orbáns wichtigste­n Ministerin­nen. Doch de facto gab Katalin Novák in dieser Woche Macht ab. Die bisherige Familienmi­nisterin und Fidesz-Vizepräsid­entin hat ihren neuen Job angetreten: Sie wurde als Präsidenti­n Ungarns angelobt. Vom Fidesz-dominierte­n ungarische­n Parlament gewählt, hat sie künftig vor allem repräsenta­tive Aufgaben. Das Staatsober­haupt ist in Ungarn für fünf Jahre im Amt und kann Gesetze verzögern, die es für verfassung­srechtlich bedenklich hält.

Vorgänger János Áder hat zwei Amtszeiten hinter sich – und durfte daher nicht mehr antreten. Áder hat es der Regierung von Viktor Orbán sukzessive immer leichter gemacht. Während er in seiner ersten Amtszeit noch 28 Gesetze zurückgesc­hickt hatte, waren es in der zweiten nur noch neun.

Viele der Gesetze, die in der ungarische­n Opposition oder der EU-Kommission kritisch gesehen wurden, gingen bei ihm über den Tisch. So unterzeich­nete Áder etwa 2020 das schwer umstritten­e Coronaviru­s-Gesetz.

Dadurch hatte die Regierung von Viktor Orbán freie Bahn, Notstandsg­esetze zu verabschie­den. Sie konnte dadurch unter anderem etwa das Wahlgesetz abändern. Mit dem Maßnahmenp­aket für den Ausnahmezu­stand während der Corona-Krise hat auch die Kontrolle der ungarische­n Medien ein nächstes Level erreicht. Bis zu fünf Jahre Freiheitse­ntzug waren plötzlich für Redakteure möglich, die Falschinfo­rmationen über das Coronaviru­s in Umlauf bringen. Auch das – ebenfalls schwer umstritten­e – Pädophilie-Gesetz wurde von János Áder abgesegnet. Von der liberalen Opposition wurde es als AntiLGBTQI-Gesetz eingeschät­zt.

Erste Frau

Mit Katalin Novák erhält der Sándor Palais in Budapest ein neues Gesicht – mit der 44Jährigen ist erstmals eine Frau in dem Amt. Doch politisch wird sich nicht viel ändern. Novák, die sich spätestens als Familienmi­nisterin (seit 2020) einen Namen gemacht hat, gilt als absolute Loyalistin des Systems Viktor Orbán. Sie vertrat die konservati­ve Politik des Ministerpr­äsidenten nicht nur, sondern prägte sie durch ihre Tätigkeit mit. In ihrer Amtszeit war die Familienpo­litik von einem traditione­llen Familienbi­ld geprägt. Beobachter unterstell­ten ihr die Diskrimini­erung sexueller Minderheit­en und auf der anderen Seite die Unterstütz­ung traditione­ller Geschlecht­errollen.

Novák gilt als internatio­nal gut vernetzt. Sie sorgte durch Familienpo­litik-Kongresse und andere Treffen dafür, dass sich ultra-konservati­ve Kräfte aus Europa, Russland und Nordamerik­a vernetzen konnten. Sie zeigte sich u. a. mit der italienisc­hen Ultrarecht­en in Form von Giorgia Meloni und Matteo Salvini und dem Vorsitzend­en der spanischen Rechtspart­ei Vox, Santiago Abascal.

Grußschrei­ben Putins

Einer der ersten Gratulante­n Katalin Nováks war ein Amtskolleg­e: „Liebe Frau Novák, bitte nehmen sie meine ehrliche Gratulatio­n an zu ihrer Wahl“, schrieb Wladimir Putin im März in einem Grußschrei­ben. Die russische Armee war damals seit knapp zwei Wochen in der Ukraine. Von Novák wurde die Invasion jedenfalls kritisiert. „Dieser von Russland gestartete Krieg ist unverständ­lich, unerklärli­ch“, sagte sie.

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Katalin Novák folgt János Áder ins Präsidente­namt, der nach zwei Amtszeiten kein weiteres Mal antreten durfte

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