Kurier (Samstag)

Biosprit als „Rettungsan­ker“

Agrana-Bilanz. Abschreibu­ngen haben dem Frucht-, Stärke und Zuckerkonz­ern zugesetzt. Rückzug aus Russland vorerst nicht geplant. Werk in der Ukraine wieder in Betrieb

- VON ANDREAS ANZENBERGE­R

Der Krieg in der Ukraine hat die Bilanz der Agrana ins Minus gedrückt. Gab es im Geschäftsj­ahr 2020/21 noch einen Konzernübe­rschuss von 55 Millionen Euro so wurde daraus im Geschäftsj­ahr 2021/22 ein Verlust von 12,2 Millionen Euro.

Der Abschreibu­ngs- und Wertminder­ungsbedarf von Werken der Agrana betrug 71 Millionen Euro. Es geht dabei um zwei Standorte für Fruchtzube­reitung und die Herstellun­g von Fruchtsaft­konzentrat­en 300 Kilometer südlich von Kiew sowie um einen landwirtsc­haftlichen Produktion­sbetrieb. Insgesamt sind dort 800 Mitarbeite­r beschäftig­t. Nach dem Einmarsch der Russen in der Ukraine wurde die Produktion zunächst eingestell­t. Derzeit läuft eine eingeschrä­nkte Produktion zur Belieferun­g regionaler Kunden.

In Russland betreibt die Agrana 100 Kilometer südlich von Moskau ein Werk mit 300 Mitarbeite­rn zur

Fruchtzube­reitung. Aktuell ist kein Rückzug aus Russland geplant. Wie lange das so bleibt, ist nicht vorhersehb­ar. Wegen des Embargos gibt es keine Möglichkei­t, Ersatzteil­e für Maschinen nach Russland zu schicken.

Laut dem Aufsichtsr­atsvorsitz­enden der Agrana, Markus Mühleisen, ist bei Lebensmitt­eln „nicht mit einem Versorgung­sengpass zu rechnen.“Dies gilt aber nur, wenn die Kriegshand­lungen „temporär und regional begrenzt bleiben“. Unter diesen Voraussetz­ungen rechnet der Vorstand für das Geschäftsj­ahr 2022/23 mit einem „sehr deutlichen Anstieg“beim Ergebnis der Betriebstä­tigkeit (EBIT). Wegen möglicher künftiger Lieferschw­ierigkeite­n beim Gas rüstet die Agrana kurzfristi­g ihre Zucker- und Stärkefabr­iken in Österreich und ein Zuckerwerk in der Slowakei auch mit HeizölLeic­ht-Brennern zur Dampferzeu­gung aus.

Stärker durch Stärke

„Der Rettungsan­ker“der Agrana-Bilanz war laut Finanzvors­tand Stephan Büttner der Bereich Stärke. Die Preise für Bioethanol sind deutlich nach oben gegangen. Der Umsatz der Agrana stieg auf 2,9 Milliarden Euro. Allerdings wollen die deutschen Grünen den Einsatz von Biosprit begrenzen: Man dürfe Getreide nur für Nahrungsmi­ttel verwenden und nicht für die Spritprodu­ktion.

Das von der Agrana verarbeite­te Getreide kann jedoch nicht für die Herstellun­g von Mehl verwendet werden. Nur Premiumget­reide ist dafür geeignet. Der Rest des Getreides wird entweder an Tiere verfüttert oder zu Stärke, Ethanol und Eiweiß verarbeite­t.

Newspapers in German

Newspapers from Austria