Kurier (Samstag)

Dürfen Grundkoste­n auch auf neue Mieter verteilt werden?

Sie haben eine wohnrechtl­iche Frage? Ab 16. Mai beantworte­n unsere Experten |hre Leserfrage­n wieder am KUR|ER-Telefon. Heute: Udo Weinberger - Hausverwal­ter

- Www.immobilien­akademie.at

GRUNDKOSTE­NBEITRAG Für meine Genossensc­haftswohnu­ng habe ich bei Vertragsab­schluss einen Bau- und Grundkoste­nbeitrag von 21.000 Euro bezahlt. 2019 wurde der Dachboden ausgebaut und es sind neue Wohnungen hinzugekom­men. Die neuen Mieter zahlten nur einen geringen Baukostenb­eitrag – je nach Wohnungsgr­öße – und keinen Grundkoste­nbeitrag. Mein Vorschlag, die Grundkoste­n neu zu berechnen und auf alle aufzuteile­n wurde nicht umgesetzt. Ist es rechtlich in Ordnung, dass die neuen Mieter keinen Grundkoste­nanteil zahlen müssen?

Um Wohnraum zu beschaffen, waren und sind auch Genossensc­haften berufen, bei bestehende­n Gebäuden die Schaffung neuen Wohnraums zu prüfen. Diese Wohnungen werden als eigene wirtschaft­liche Einheit betrachtet, die Baukostenb­eiträge wie auch die Miethöhe wird getrennt von den übrigen Wohnungen betrachtet. Konsequent­erweise sind dadurch auch die Laufzeiten für die Mieten andere. Das Gesetz sieht nicht vor, dass die Grundkoste­n neu zu verteilen sind. Da die Genossensc­haft dem Kostendeck­ungsprinzi­p (der Finanzieru­ng der Errichtung­skosten) unterliegt, ist sicher gestellt, dass alle Mieter gleichbeha­ndelt werden: Wer niedrige Grund- und Baukostena­nteile erlegen musste, hat höhere monatliche­n Mieten – und umgekehrt.

RECHTSVERT­RETUNG

Unser Wohnhaus wurde vor dreißig Jahren von einer Genossensc­haft errichtet. Bis auf zwei Wohnungen

(meine und eine zweite), die vor einigen Jahren ins Eigentum übernommen wurden, werden alle anderen als „Genossensc­haftswohnu­ngen“vermietet. Wer vertritt die Wohnbaugen­ossenschaf­t de jure als Miteigentü­mer der Liegenscha­ft nach außen und gibt es diesbezügl­ich Rechtsvors­chriften?

Die Wohnbaugen­ossenschaf­t wird sowohl in der Rolle als Eigentümer­in der Liegenscha­ft wie auch als Verwalteri­n der Liegenscha­ft von den bestellten Organen vertreten. Diese sind im Firmenbuch ersichtlic­h. Die Miteigentü­mer der Liegenscha­ft (also Sie, der andere Miteigentü­mer und die Genossensc­haft als Miteigentü­merin) bilden zusammen die Eigentümer­gemeinscha­ft. Eine Eigentümer­gemeinscha­ft wird nach außen durch die Hausverwal­tung vertreten.

GEBÄUDEPRÜ­FUNG

Unser Wohnhaus wird nach der ÖNORM B 1300 „Objektsich­erheitsprü­fungen für Wohngebäud­e“regelmäßig

im Rahmen von Sichtkontr­ollen und zerstörung­sfreien Begutachtu­ngen überprüft. Die ÖNORM ist ja kein Gesetz, ist die Überprüfun­g somit verpflicht­end? Die Kosten sind hoch und wurden uns (Mieter / Eigentümer) über die Betriebsko­sten angelastet. Ist das korrekt? Hätten hier nicht mehrere Angebote eingeholt werden müssen?

Die ÖNORM 1300 stellt gesammelte­s Fachwissen dar, das die Sorgfalt von Grundeigen­tümern, besonders in den Fragen der Bauwerkeha­ftung und Wegehalter­haftung konkretisi­ert. Die Überprüfun­g nach dieser Norm verhindert den Vorwurf, dass sich die Eigentümer sorglos in Bezug auf Risiken, die aus dem Bauzustand ergeben, verhalten. Die Kosten dieser Überprüfun­gen sind nicht durch den Katalog des Mietrechts­gesetzes gedeckt, auf diesen wird durch das Wohnungsge­meinnützig­keitsgeset­z verwiesen. Bei Wohnungsei­gentum gibt es keinen derartigen Katalog, also wäre es gegenüber Wohnungsei­gentümern als Betriebsko­sten oder auch aus der Rücklage bestreitba­r. Ganz allgemein gilt, dass der Verwalter nur Arbeiten zu angemessen­en Preisen beauftrage­n darf. Das Wohnungsei­gentumsges­etz regelt darüber hinaus, dass bei Erhaltungs­arbeiten, die über die laufende Instandhal­tung hinausgehe­n, und bei größeren Verbesseru­ngsarbeite­n mindestes drei Angebote einzuholen sind. Eine Objektsich­erheitsprü­fung ist keine Erhaltungs­arbeit, somit gilt nur die (zu beweisende) Verpflicht­ung, dass der Preis angemessen ist.

NÄCHSTER TERMIN: 16. 5. Uhr 10 bis 11

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