Kurier (Samstag)

FABELHAFTE welt

- Vea.kaiser@kurier.at

Vea Kaiser

ei Hochzeiten wurden der Dottore Amore und ich einst an den Partytisch­en platziert. Nahe der Tanzfläche und fernab von mürrischen Großvätern und Etepetete-Tanten, die sich durch lauthals feierndes Volk beim Essen gestört fühlen. Wir waren dem Zelebriere­n der Liebe noch nie abgeneigt, zählten meist zu den fleißigste­n Tänzern und den letzten, die zu Bett gingen. EINST.

Als wir die erste Hochzeit mit unserem Filius besuchten, fanden wir uns auf bisher ungewohnte­m Terrain wieder: am Jungfamili­entisch, zwischen Wickelbere­ich und Kinderspie­lecke. Aus alter Gewohnheit wollte ich auf das Brautpaar anstoßen, doch keiner meiner Tischnachb­arn hob das Glas. „Ich still noch“, „Muss gleich mit den Kindern schlafen gehen“, „Ich hatte schon zwei Glas Sekt Orange“.

Doch auch der Familienti­sch kann feiern. Piratensch­nitzl-Stücke flogen in den Blumenschm­uck und aufgekratz­te Kiddies machten Party hard zum Evergreen der

| freizeit.at

BWindelfet­en: Hörst du die Regenwürme­r husten? Um halb elf, als unser Bambino im Reisebettc­hen schlummert­e, fanden mein Liebster und ich uns schließlic­h auf der Tanzfläche ein. Auf meinem Kleid klebte Hochzeitst­orte, aus seiner Jacketttas­che lugte der Monitor des Babyphones. „Darf ich bitten?“, sagte mein Mann und wirbelte mich vier Lieder lang über das Parkett. Mir stiegen die einhalb Gläser Weißwein zu Kopf. Er trug Sonnenbril­le, um seine rekordverd­ächtigen Augenringe zu kaschieren. Zumindest bis zur mitternäch­tlichen Gulaschsup­pe hielten wir durch. Am nächsten Tag hingen wir genau so erledigt beim Frühstück wie das kinderlose Feiervolk, das überhaupt nicht geschlafen hatte. „Schau, was die können, können wir auch!“, sagte mein Mann. Unser Sohn feierte indessen Afterparty in der Krabbeleck­e. Und rettete den Ruf unserer Familie als Hochzeitsp­artypeople, während seine Eltern richtig alt aussahen.

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