Kurier (Samstag)

MÖGE DIE MACHT MIT EUCH SEIN

Am 27. Mai l▶uft mit „Obi-Wan Kenobi“die neueste Serie aus dem „Star Wars“Universum an. Ewan McGregor als Titelheld sowie Hayden Christense­n als Darth Vader und Moses Ingram spielen die Hauptrolle­n und erz▶hlen der freizeit im |nterview darüber. Die galak

- Von Alexander Kern

Der Kampf ist vorbei. Wir haben verloren. Die Botschaft zu Beginn des Trailers von „Obi-Wan Kenobi“ist eine düstere, die Lage so gut wie aussichtsl­os, die Zukunftsau­ssichten: lebensgefä­hrlich bis vernichten­d. Als einsamer Reiter durchquert der titelgeben­de und einst so mächtige Jedi-Meister die Wüste, taucht unter als einer von vielen, setzt sich gegen todbringen­de Widersache­r zur Wehr. Seinen Ziehsohn, Lieblingss­chüler, besten Freund Anakin Skywalker hat Obi-Wan an die dunkle Seite der Macht verloren – der einst so aussichtsr­eich talentiert­e Jedi hat ihn verraten und ist jetzt der abartig böse Sith-Lord Darth Vader. Auf die Jedi wird Jagd gemacht – und auf Obi-Wan Kenobi im Besonderen ... Klingt spannend? Wird es sicher auch. Auch wenn mehr Handlungsd­etails noch streng geheim sind: Die Ingredienz­ien des sechsteili­gen Serien-Events „Obi-Wan Kenobi“, das am 27. Mai bei Disney+ startet, sind vielverspr­echend. Vom ziehväterl­ichen Konflikt bis zur Konfrontat­ion mit einem der übelsten Schurken der Filmhistor­ie: Bedrohlich keucht sich Darth Vader in pechschwar­zer Kampfrüstu­ng an das Szenario heran ... auf zum Duell! Von Fans weltweit werden die gehypten Vorschauen gefeiert. Seit 45 Jahren ist der Erfolg von allem, was vom ersten „Star Wars“-Film ausgeht, ein Phänomen. George Lucas, der Schöpfer der Space Opera, ließ sich dafür zu einem AbenteuerA­malgam aus allerlei kulturelle­n Quellen inspiriere­n, das etwa Bezüge auf den Western, Mantelund Degenfilme oder antike Tragödien aufweist. Die Erzählstru­ktur beruht auf dem Buch „Der Heros in tausend Gestalten“des Mythenfors­chers Joseph Campbell, das die Gemeinsamk­eiten aller Helden der Menschheit­sgeschicht­e analysiert. Gut und Böse, Väter und Söhne, Freundscha­ft, Tyrannei, Identität: Die symbolisch­en Konflikte der Filme sind emotional für jeden nachvollzi­ehbar. „Das Drehbuch könnte von den Gebrüdern Grimm stammen, zeitverset­zt um einige Jahrtausen­de“, meinte Lucas einmal. Obwohl niemand mit einem Erfolg gerechnet hatte, schlug sein Film voll ein – und löste einen Sci-Fi-Boom aus, weil er einen radikalen Bruch mit den bis dahin üblichen Filmen dieser Art bedeutete, die politisch, kritisch und dystopisch geprägt waren.

Wenn nun Ewan McGregor mit der Titelrolle in „Obi-Wan Kenobi“wieder die Kapuzenkut­te überstreif­t und zum Lichtschwe­rt greift, ist das zugleich eine Rückkehr zu einer besonderen Rolle in seiner Karriere: Mehr als 20 Jahre sind vergangen, seit er als 27-jähriger Jungspund der am heißesten gehandelte Newcomer Hollywoods war. Trotz Filmen wie „Trainspott­ing“oder „Moulin Rouge“blieb die Jedi-Rolle seitdem fortwähren­d an ihm hängen. Und das, obwohl dem Schotten als Nachfolger von Alec Guinness aus der Original-Trilogie dabei stets ein gerüttelt Maß an Unbehagen beschliche­n hatte. „Ich sah mich als Teil einer neuen Welle des britischen Kinos“, gesteht er denn

freizeit.at |

Als Ewan McGregor 1999 im lang erwarteten Prequel „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung“die Rolle des Jedi-Meisters Obi-Wan Kenobi übernahm, trat er ein schweres Erbe an: Die englische Schauspiel­Legende Alec Guinness hatte die Rolle in der Original-Trilogie maßgeblich geprägt. Dass die neuen Filme nicht besonders gut ankamen, wurmte McGregor lange Zeit. Dennoch tritt er 20 Jahre später in der Serie „Obi-Wan Kenobi“erneut als umsichtige­r, idealistis­cher Sternenkri­eger an.

freizeit: Ewan, in der Netflix-Hitserie „Halston“haben Sie zuletzt die schillernd­e Modeikone gleichen Namens gespielt. Wie schwer war es, sich umzustelle­n – vom Designer zum Jedi-Meister, von den tollsten Outfits zum Tragen einer schnöden Kutte?

Haha, das ist mein Job! In meiner Branche wechselt man fliegend von einer Figur zur nächsten. Anstrengen­d ist das nicht. Man ist für eine gewisse Zeitspanne auf den Charakter einer Rolle eingestell­t, konzentrie­rt sich mit voller Kraft darauf – und dann zieht man weiter und macht es beim nächsten Film genauso.

Zum ersten Mal sind Sie Teil der „Star Wars“-Saga, ohne dass Mastermind George Lucas Regie führt. Wie ging es Ihnen damit?

Der Regisseur nimmt selbstvers­tändlich großen Einfluss. Aber was der größte Unterschie­d ist zu den „Star Wars“-Filmen, in die ich ab den Neunzigerj­ahren involviert war, ist die Technologi­e. Ich bin jetzt mehr als 20 Jahre älter, und alles hat sich verändert. Man kann das nicht vergleiche­n.

Worin liegt der größte Unterschie­d?

Wir konnten diesmal mit einem Setting und Requisiten arbeiten, die uns bei den Aufnahmen eingeblend­et wurden. Das ändert alles. Es erleichter­t einem die Arbeit als Schauspiel­er enorm, stellt einem eine reale Umgebung zur Verfügung, die man sehen und fühlen kann und ist viel besser, als alleine vor einem Blue- oder Greenscree­n zu agieren. Bei den früheren Filmen standen wir die meiste Zeit der Dreharbeit­en vor einem von beiden. Und das ist einfach eine merkwürdig­e Angelegenh­eit.

Die drei „Star Wars“-Filme, die Sie gemacht haben, haben damals großteils negative Reaktionen anderer ausgelöst. Sie meinten einmal, Sie sind damit nur schwer zurechtgek­ommen. Wie schwierig fiel es Ihnen, sich jetzt auf die Serie einzulasse­n?

Damals fühlte ich einfach so. Als ich in den Neunzigern den Casting-Prozess für die Rolle des Obi-Wan durchlief, war ich noch so neu in diesem Geschäft. Ich hatte bis dahin viel mit Danny Boyle

(u. a. den Kultfilm „Trainspott­ing“, Anm.) gedreht und das Gefühl, dass mich diese Art von Filmen definiert. Ich wollte sein Schauspiel­er sein und sah mich als Teil seiner Art, Filme zu machen, als Teil einer neuen Welle des britischen Kinos. Weil ich das Glück hatte, mit Danny gearbeitet zu haben, war ich da mittendrin statt nur dabei. Ich hatte das Gefühl, „Star Wars“, das wäre nicht so recht meine Sparte. Ich wollte lieber Teil dieser neuen, aufregende­n Bewegung sein.

Sie fühlten sich falsch aufgehoben zwischen all den Lichtschwe­rtern, Raumschiff­en und Robotern.

Die Wahrheit ist, je näher ich der Sache kam, desto mehr wollte ich sie machen. Einfach weil ich als Kind „Star Wars“geliebt habe. Ich kannte die Filme auswendig, mein Bruder und ich kannten jede Zeile. Und mein Onkel (Denis Law

son, Anm.) spielte in allen drei Teilen der Original-Trilogie mit, er spielte eine Figur namens Wedge Antilles. Vor allem aber kam es mir damals auf eines an.

Und das wäre?

Ich wollte einfach nicht, dass mich diese Filme auf ewig definieren. Meine Karriere bestand aus mehr als „Star Wars“. Ich dachte mir, okay, das sind drei Filme unter vielen anderen, die ich gedreht habe; ich wollte nicht nur für „Star Wars“bekannt sein. Mir war wichtig, weiter die Freiheit zu haben, jede Rolle zu spielen, die ich wollte. Also bin ich losgezogen und habe mein eigenes Ding gemacht, bin auch in völlig anders gearteten Filme aufgetrete­n. Aber natürlich war die Rolle Zeit meines Lebens immer wieder Thema. Wenn ich bei Filmpremie­ren für Autogrammj­äger Bilder signieren soll, sind es immer Bilder von mir in „Star Wars“.

Doch die Kritik an den Filmen damals hat Sie getroffen.

Es war schwierig, weil ich ohnehin das Gefühl hatte, aus der Spur geraten zu sein. Man ist aufgeregt, weil man wissen will, wie das Ergebnis der eigenen Arbeit aufgenomme­n wird, man realisiert, welch großen Stellenwer­t das ganze Projekt hat. Dass das Publikum irgendwie unzufriede­n damit war, war hart für mich. Aber ich begegne auch Leuten, die diese Filme wirklich lieben. Sie bedeuten ihnen gleicherma­ßen viel wie mir damals die Original-Trilogie. Das ist wirklich cool. Zugleich bin ich ein bisschen älter und weiser geworden und finde Gefallen an dieser riesigen Fan-Gemeinde, die die Saga auf der ganzen Welt hat.

Wie ist es, 20 Jahre später dieselbe Rolle noch einmal zu spielen?

Ich fand es interessan­t und habe es wirklich genossen. Ich habe das auch so empfunden, als ich die Fortsetzun­g von „Trainspott­ing“gedreht habe. Ich konnte mich sofort wieder in die Denkweise der Figur hineinvers­etzen. Und es war schön, wieder Zeit mit Hayden Christense­n (als Anakin Skywalker, Anm.) zu verbringen. Ich habe ihn immer sehr gemocht. Es war wie die Wiedervere­inigung zweier Brüder.

Sie haben keine Sekunde gezögert?

In jedem Interview der vergangene­n 20 Jahre wurde ich gefragt, ob ich die Rolle wieder übernehmen würde, und ich war immer ehrlich und antwortete mit: ja, gerne. Es muss schon so ausgesehen haben, als würde ich mich bei Disney für einen Job bewerben! All das führte zu einem Meeting, in dem die Macher wissen wollten, ob es tatsächlic­h stimme, was ich da erzähle. Und ich fand, es gäbe wirklich noch eine interessan­te Geschichte zu erzählen, um zu zeigen, wie es mit Obi-Wan Kenobi weitergeht. In unserer Fortsetzun­g ist er untergetau­cht, hat seinen Glauben verloren und versteckt sich. Ich fand es spannend,

„Als Kind habe ich ,Star Wars’ geliebt. Ich kannte die Filme auswendig, mein Bruder und ich kannten jede Zeile. Und mein Onkel spielte in allen drei Teilen der Original-Trilogie mit.“

Ewan McGregor über die Skepsis an den früheren PrequelKin­ofilmen: „Es war hart“

für 4,05 Milliarden abzukaufen – seit 2012 liegen diese bei Disney. Eine Rechnung, die aufgeht. Zumal der Konzern mit Abos, die er für seinen Streaming-Dienst Disney+ verkauft, ordentlich Reibach machen kann. Nach den zahlreiche­n Superhelde­n-Filmen wie „Avengers: Endgame“oder „Spider-Man: No Way Home“, die zum Marvel-Universum gehören, ist das „Star Wars“-Franchise das kommerziel­l erfolgreic­hste der Welt. Und auch mit den Merchandis­ing-Produkten lässt sich prächtig verdienen: Den Todesstern mit Lego-Steinen nachbauen? Yoda als Plüschfigu­r? Wird alles gerne gekauft. Ob Lichtschwe­rt, Videospiel, Pyjama oder Kaffeehäfe­rl – es gibt kaum ein Produkt, das es nicht gibt. Und so werden die Fans stets weiter mit neuen Inhalten versorgt: „Obi-Wan Kenobi“ist nach „The Mandaloria­n“und „Das Buch von Boba Fett“nun bereits die dritte Realfilm-Serie aus dem „Star Wars“-Universum. Möge die Macht mit euch sein!

Die Komplexitä­t Darth Vaders

Wenn die Serie nun erzähleris­ch zehn Jahre nach dem Prequel „Star Wars: Die Rache der Sith“einsetzt, bedeutet das auch: die Rückkehr von Darth Vader. Ein ikonischer Bösewicht. Ich bin dein Vater – wer dieses Zitat nicht kennt, hat die vergangene­n Jahrzehnte vermutlich links vorbei am Todesstern hinter einem Schwarzem Loch verbracht. „Darth Vader ist eine unglaublic­he Figur, die auf einzigarti­ge Weise auf die Populärkul­tur übergegang­en ist“, erzählt uns ein entspannt wirkender Hayden Christense­n im Interview. Er stellte ihn bereits als damals 19-Jähriger in der Prequel-Trilogie mit McGregor dar – als Anakin Skywalker, auf dem Weg, Darth Vader zu werden. „Ein Teil davon zu sein ist einfach cool.“Der dunkle Lord sei ein „komplexer Charakter“. Seine geliebte Frau Padmé habe er verloren, dem Orden der Jedi entsagt. Um überleben zu können stecke er nun in einer Rüstung fest und zudem bis zum Hals in „inneren Konflikten“. „Es geht bei Darth Vader um Selbstwahr­nehmung und den Kampf um die eigene Identität“, so Christense­n. „Er verarbeite­t, was er erlebt hat und die Verwirklic­hung dessen, was er in Zukunft sein will. Sein Bedürfnis Obi-Wan zu töten entspringt in vielerlei Hinsicht dem Bedürfnis, den Teil von sich selbst zu töten, | freizeit.at der immer noch mit ihm und den Jedi verbunden ist.“

Wie auch sein Kollege McGregor preist Christense­n die technische­n Fortschrit­te, die es ermöglicht­en, beim Dreh nicht nur monatelang vor einem Greenscree­n rumzuhampe­ln, mit dem Lichtschwe­rt gegen unsichtbar­e Gegner schattenzu­kämpfen und Dialoge ins Nichts zu sprechen.

Dass er nach dem Hype der PrequelTri­logie radikal seinen Lifestyle änderte, eine Farm kaufte und begann, Schafe und Hühner zu halten, kommentier­t er mit einem Lachen, aber trocken. „Ich liebe meine Arbeit leidenscha­ftlich“, so der Kanadier, „aber ich genieße auch andere Dinge. Die Leutede nken, man habe sich in Luft aufgelöst, dabei war ich bloß mit anderen Dingen beschäftig­t. Ich habe solche Phasen.“Im Lichtschwe­rt-Kämpfen war er dennoch schnell wieder in Form. Seine „Star Wars“-Filme und die Arbeit mit George Lucas stufe er als „größte Ehre meiner berufliche­n Laufbahn ein.“Jede Sekunde davon hätte er geliebt. „Ich war traurig, als es zu Ende ging.“Nun, mit der Lebenserfa­hrung von 41 Jahren und als Vater einer Tochter, habe er es genossen, Anakin bzw. Darth Vader erneut darzustell­en. „Ich habe das Gefühl, ich stehe an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich jetzt alles mitbringe, was nötig ist, um dieser Figur zu geben, was sie braucht.“

In echt viel netter als Darth Vader: Hayden Christense­n kehrt zurück als Superschur­ke

Jagd die Jedi: Moses Ingram als Reva

Auch Moses Ingram, bekannt aus „Das Damengambi­t“, wird eine wichtige Rolle einnehmen. Als Reva, Inquisitor­in im Auftrag von Vader, macht sie Jagd auf Obi-Wan. „Es ist ein Segen, eine neue Figur zu spielen. So muss ich niemandem gerecht werden, das erlöst mich vom Druck“, gibt sie im Gespräch zu. Ob sie als afroamerik­anische Frau bei „Star Wars“besondere Verantwort­ung empfindet? „Ich weiß, dass das für viele eine besondere Bedeutung haben wird“, so Ingram. „Besonders freut mich aber, dass jetzt auch Mädchen mit dickem, krausem oder lockigem Haar Festivität­en wie Halloween in dieser Aufmachung rocken können.“Dass People of Colour in Serien wie „Obi-Wan Kenobi“zu sehen seien, findet die 27-Jährige „wichtig, weil es die Menschen inspiriert und ihnen zeigt, was möglich ist“. Etwa eine Karriere wie die ihre: „Man kann sich immer durchsetze­n, man muss nur hart genug nach einer Lösung suchen.“Die Macht, sie ist eben mit uns allen.

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