Was die „Kindergartenmilliarde“wert ist
LH-Konferenz. Bund und Länder einigten sich auf eine Aufstockung der Mittel für die Elementarpädagogik. Zusätzliche 287,5 Millionen Euro werden dafür auf fünf Jahre verteilt
Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zogen sich über Monate hinweg und letztlich bis in den Vorabend der Landeshauptleute-Konferenz, die am Freitag im Bregenzer Festspielhaus über die Bühne ging. Am Freitag reisten dann extra Familienministerin Susanne Raab und Bildungsminister Martin Polaschek an den Bodensee, um dort mit Vorarlbergs VP-Landeshauptmann Markus Wallner und Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig die Einigung über die „Kindergartenmilliarde“zu verkünden.
Wie bereits im Vorfeld der Pressekonferenz bekannt wurde, werden die Bundesmittel für die Elementarpädagogik von 142,5 Millionen Euro (2019/20 bzw. 2021/22) für die nächsten fünf Jahre auf jährlich 200 Millionen Euro steigen. Die „Kindergartenmilliarde“besteht somit aus 287,5 Millionen Euro „frischem Geld“, das über fünf Jahre verteilt ist.
Arbeiterkammer und ÖGB orten einen „Rechentrick“. Raab wollte sich die Vereinbarung nicht schlecht reden lassen. Es werde so viel Geld „wie noch nie“in die Elementarpädagogik investiert. Wiens Stadtchef Michael Ludwig, der im zweiten Halbjahr den Vorsitz der LH-Konferenz von Wallner übernimmt, verzichtete auf Kritik: „Ich freue mich sehr, dass es mehr Geld gibt. Für uns kann es nicht genug Geld in diesem Bereich geben.“
Auf Bundesebene hielt sich die Euphorie der Oppositionsparteien in Grenzen. SPÖ und Neos forderten einen Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung. Die FPÖ kritisiert die Aufhebung des Kopftuchverbots im Kindergarten durch den Verfassungsgerichtshof, das unter der türkisblauen Bundesregierung eingeführt wurde.
Im Gegensatz zur bisherigen 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik, die im August ausgelaufen wäre, findet sich das Kopftuchverbot in der neuen Vereinbarung auf Drängen der Länder nicht wieder.
Der Streit darüber hatte die Verhandlungen über Wochen blockiert.
In den Schulen hat der Verfassungsgerichtshof das Kopftuchverbot gekippt. Gutachten haben laut Familienministerin ergeben, dass die Regelung auch im Elementarbereich rechtswidrig wäre. Raab dazu: „Ich bedauere das sehr. Ich halte es für grundsätzlich falsch, wenn Vier- und Fünfjährige ein Kopftuch tragen.“Aus Sicht der Länder spielte das Thema in der Praxis allerdings schlicht keine Rolle.
Längere Öffnungszeiten
Was die Finanzmittel betrifft, wird sich die nun getroffene Vereinbarung laut Markus Wallner, Vorsitzender der LHKonferenz, insbesondere auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auswirken.
Diesen Aspekt hob auch Raab hervor: „Wir müssen in die Fläche und in die Wahlfreiheit kommen.“So sollen Betreuungseinrichtungen gefördert werden, die 45 Stunden und mehr pro Woche geöffnet sind.
Und das mindestens 47 Wochen pro Jahr. Verstärkt investiert werden soll zudem in Betreuungsplätze für Unter-Dreijährige. Hier liegt die Betreuungsquote in Österreich derzeit bei 29,9 Prozent und damit hinter dem Barcelona-Ziel.
Bildungsminister Polaschek strich hervor, dass „Kinder, die nicht Deutsch sprechen, möglichst schnell schon vor der Schule gefördert werden müssen“. Hier soll es ebenfalls mehr Geld geben.
Der Bund stellt den Ländern pro Jahr 200 Millionen Euro für das Gratis-Pflichtkindergartenjahr für Fünfjährige und den Ausbau des Angebots und die frühe sprachliche Förderung zur Verfügung. Über die Kofinanzierung der Länder kommen zusätzlich 63 Millionen pro Jahr für Ausbau und Sprachförderung. Der Bundeszuschuss für das Pflichtkindergartenjahr steigt von bisher 70 auf 80 Millionen pro Jahr. Von den übrigen Mitteln dürfen die Länder 30 Prozent flexibel für Ausbau oder Sprachförderung nutzen (bisher 10 Prozent).