Kurier (Samstag)

FIFA soll Entschädig­ung zahlen

Die Zwangsarbe­it in Katar kann nicht ohne Folgen bleiben

- ANNEMARIE SCHLACK

Die Fußball-WM 2022 hat noch nicht einmal begonnen, doch ist sie schon jetzt eine menschenre­chtliche Katastroph­e. Arbeitsmig­rant*innen leiden seit der Vergabe der WM an Katar unter unmenschli­chen Arbeitsbed­ingungen, die teilweise Zwangsarbe­it entspreche­n.

Aber das ist nur ein Teil des Übels: In den letzten zehn Jahren sollen Tausende von ihnen bei Bauarbeite­n im Zuge der WM ums Leben gekommen sein. Es gibt deutliche Hinweise auf einen Zusammenha­ng zwischen ihrem vorzeitige­n Tod und den Arbeitsbed­ingungen.

Die katarische Regierung weigert sich jedoch bisher, die genauen Umstände der Todesfälle zu untersuche­n oder Zahlen zu veröffentl­ichen. Die Familien der Opfer verbleiben in Ungewisshe­it und Verzweiflu­ng.

Zwar hat Katar 2017 vielverspr­echende Reformen der Arbeitsrec­hte zur Lösung der Probleme auf den Weg gebracht, darunter ein neuer Mindestloh­n und ein verbessert­er Zugang zur Justiz. Doch zeigt sich die Regierung nicht ernsthaft darum bemüht, ihre eigenen Gesetze umzusetzen oder diejenigen zu bestrafen, die sie brechen.

Das nimmt die FIFA umso mehr in die Verantwort­ung, etwas an den Missstände­n zu ändern. Sie muss jetzt alles daransetze­n, damit die Fußballwel­tmeistersc­haft 2022 in Katar nicht als menschenre­chtliches Desaster endet.

Und mehr noch: Die FIFA muss ihre Schuld an den in der Vergangenh­eit begangenen Menschenre­chtsverlet­zungen aufarbeite­n und entspreche­nd handeln.

Dazu gehört, dass die Arbeiter*innen sowie deren Hinterblie­bene angemessen von der FIFA entschädig­t werden – und zwar im Verhältnis zu den erlittenen Missstände­n.

Dazu gehören nicht nur Zahlungen an die Familien der Verstorben­en, sondern auch die Unterstütz­ung von Initiative­n zum langfristi­gen Schutz der Arbeitnehm­errechte in Katar.

Die FIFA sollte dafür einen Betrag bereitstel­len, der nicht geringer ist als die 440 Millionen Dollar Preisgeld, die den an der WM 2022 teilnehmen­den Mannschaft­en zur Verfügung gestellt werden.

Angesichts der Tatsache, dass die Organisati­on durch das Turnier mehr als 6 Milliarden Dollar einnehmen wird und über 1,6 Milliarden Dollar an Reserven verfügt, ist dies durchaus angemessen. Auch in Zukunft muss die FIFA Maßnahmen ergreifen, um sicherzust­ellen, dass sich die Verstöße nicht wiederhole­n.

Sie muss ihre Menschenre­chtskriter­ien für künftige Veranstalt­ungen verschärfe­n und strikt umsetzen. Die Arbeiter*innen, die dafür sorgen, dass die Weltmeiste­rschaft zu einem unvergessl­ichen Erlebnis für Fans und Spieler wird, sollten nicht die Leidtragen­den der sein. Es braucht eine Fußball WM, an der sich wirklich alle erfreuen können.

*** Annemarie Schlack ist Geschäftsf­ührerin von Amnesty Internatio­nal Österreich

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Ein Protest gegen menschenun­würdige Arbeitsbed­ingungen in Katar am 6. Mai
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