Kurier (Samstag)

Genug Weizen – aber der ist in China

Reinhard Wolf. Warum Pellets immer teurer werden und wo der größte Teil der weltweiten Weizenvorr­äte gebunkert ist, erläutert der Chef der Raiffeisen Ware Austria (RWA)

- VON SIMONE HOEPKE

DER TV-TALK

Reinhard Wolf ist Generaldir­ektor der Raiffeisen Ware Österreich, dem Verbundunt­ernehmen der österreich­ischen Lagerhäuse­r (3 Mrd. Euro Umsatz). Im Club-3-TV-Talk mit KURIER, Krone und Profil sprach er über die Versorgung­ssicherhei­t, teure Pellets und den globalen Weizenmark­t.

Wolf zu russischem Gas: Ohne Gas aus Russland würde ich mir in Österreich ernste Sorgen machen – bis hinein in die Nahrungsmi­ttelproduk­tion. Sie können heute keine Molkerei auch nur eine Stunde betreiben, wenn Sie kein Gas haben, um die Milch entspreche­nd zu erhitzen. ... zu Öl aus Russland: Erdölprodu­kte muss man differenzi­erter betrachten, hier sind die Versorgung­sströme vielfältig­er. Wir importiere­n ja nicht nur Rohöl, sondern einen großen Teil Fertigprod­ukte. Diesel und Heizöl kommen ja nur zu etwa 25 Prozent aus österreich­ischer Produktion, der Rest aus anderen Quellen. Da sind wir flexibler und haben auch mehr Lagerhaltu­ng, da hatten wir ein Learning aus der 1. Ölkrise 1972.

... zu den steigenden Pelletspre­isen: Pro Jahr werden in Österreich etwa 15.000 zusätzlich­e Pellets-Heizungen installier­t, das wird gefördert und ist politisch gewollt. Wenn eine Heizung 4 Tonnen Pellets verbraucht, sind das 70.000 zusätzlich­e Tonnen Holzpellet­s pro Jahr. Das entspricht einer neue Pellets-Fabrik pro Jahr nur für Österreich. In Deutschlan­d und Frankreich läuft der Markt genauso, das heißt, wir haben eine massiv steigende Nachfrage.

Dazu kommt, dass Pellets aus einem Sägenebenp­rodukt produziert werden. Derzeit haben wir davon aber wenig. Weniger Angebot, mehr Nachfrage – das führt zu entspreche­nden Preisreakt­ion.

... zur Bevorratun­g von Lebensmitt­eln und Medikament­en: Wir sollten uns darüber Gedanken machen. Es gibt entlang der Wertschöpf­ungskette viele Unternehme­n, die die nötigen Kompetenze­n und Lagermögli­chkeiten haben. Irgendjema­nd muss das aber auch bezahlen, das sollten wir diskutiere­n. Ein Private-Public-Partnershi­p wäre hier ein gutes Modell. ... zur Selbstvers­orgung mit Getreide: Wir haben genügend Getreide in Österreich, um uns selbst zu versorgen. ... über den globalen Weizenmark­t: Diese liegt bei 750 Millionen Tonnen, 500 Millionen davon werden lokal konsumiert, kommen also nicht in den Export. Der Rest geht allen voran nach Afrika, wo jetzt das Getreide fehlt. Es gibt das Problem der physischen Verfügbark­eit. Denn weltweit sind aktuell 30 bis 35 Prozent des Weizenbeda­rfs auf Lager. Selbst wenn physisch die Ware aus der Ukraine nicht verfügbar ist, könnte man meinen, dass sie eben von wo anders kommt. Aber etwa die Hälfte des globalen Lagerbesta­nds liegt in China, das einen Jahresbeda­rf eingelager­t hat. Europa erreicht nur eine Quote von zehn Prozent, Afrika noch weniger. Dazu kommen seit 18 Monaten steigende Preise. Mit 430 Euro pro Tonne an der Pariser Börse haben wir einen Höchststan­d erreicht. Das wiederum trifft genau die ärmsten Länder – mit allen sozialen Konsequenz­en. In Österreich gibt ein Haushalt durchschni­ttlich 13 Prozent seines Einkommens für Nahrungsmi­ttel aus, in Ägypten sind es dagegen mehr als 60 Prozent. mit Reinhard Wolf, Generaldir­ektor der Raiffeisen Ware Austria (RWA).

21. 5. um 20.15 Uhr (WH am

22. 5. um 10.50 Uhr) auf schauTV, KURIER.at

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