Kurier (Samstag)

Eine U-Bahn für Graz? Unwahrsche­inlich, aber die Bürger reden mit

Volksbefra­gung über den Ausbau des öffentlich­en Verkehrs geplant. Das kann durchaus Spannung bringen

- Die „Mini Metro“war das Prestigepr­ojekt unter Schwarz-Blau in Graz ELISABETH HOLZER

Öffis. Wien ohne U-Bahn? Unvorstell­bar.

Graz mit U-Bahn? Vorstellba­r und unwahrsche­inlich, aber noch nicht gänzlich abgehakt, denn: Die Grazer dürfen entscheide­n, in welche öffentlich­en Verkehrsmi­ttel sie in Zukunft einsteigen wollen. In S-Bahn, neue Straßenbah­nen oder doch vielleicht in eine U-Bahn, hier „Mini Metro“genannt? Die Präferenz soll in einer Volksbefra­gung festgestel­lt werden.

Fixiert sind derzeit zwar weder Zeitpunkt noch konkrete Fragestell­ung, aber so viel kristallis­ierte sich Donnerstag­abend im Gemeindera­t heraus: Die Grazer Parteien sind der Idee nicht abgeneigt, die die FPÖ einbrachte. „Wenn alles auf dem Tisch liegt, Planungen,

Kosten, Finanzieru­ngsmodelle – dann muss man die Bevölkerun­g natürlich einbinden“, heißt es aus der KPÖ, der stimmenstä­rksten Fraktion im Gemeindera­t, die mit Elke Kahr auch die Bürgermeis­terin stellt. „Das sind schließlic­h weitreiche­nde Eingriffe.“Gerade die KPÖ kann bei einer Forderung nach Bürgerbefr­agungen schwer aus, denn:

Als sie noch nicht die Bürgermeis­terpartei war, forderte sie solche Einbindung der Bewohner beim Murkraftwe­rk in Puntigam. Nur zum jetzigen Zeitpunkt sei es noch zu früh, betont die KPÖ: Es liege noch nicht einmal der abschließe­nde Expertenbe­richt vor, der mögliche Systeme bewerte: Ausbau der Straßenbah­nnetze, S-Bahn samt Tunnel bis hin auch zu einer möglichen U-Bahn.

Auf dem Abstellgle­is

Politisch steht die U-Bahn unter der aktuellen Koalition allerdings auf dem Abstellgle­is, sie war das Prestigepr­ojekt der ÖVP-FPÖ-Vorgänger: Ein Neubau, der mit 3,3 Milliarden Euro veranschla­gt war – für 25 Kilometer und zwei Linien, die nur innerhalb von Graz verkehren sollten. Sollte der Expertenbe­richt die „Mini Metro“aber gutheißen, würde sie wohl mitabgefra­gt, heißt es am Freitag aus dem Rathaus. Das birgt Spannung, würden die Grazer dafür stimmen.

Das Öffi-Netz muss aber größer werden, denn die Landeshaup­tstadt wächst, derzeit sind rund 300.000 Wohnsitze gemeldet. Erstmals überhaupt soll der Bund in den Öffi-Ausbau in Graz investiere­n: Bund, Land Steiermark und Stadt dritteln Kosten, die Graz auf sich gestellt nie tragen könnte: Allein die Innenstadt­entflechtu­ng kostet rund 38 Millionen Euro. Die geplante Linie 8 im Westen der Stadt dürfte an die 130 Millionen Euro kosten, die Tunnelvari­ante für eine S-Bahn ein Vielfaches.

Die Redakteuri­n Seit 1992 beim KURIER, leitet Holzer mittlerwei­le die Redaktion in Graz. Die promoviert­e Historiker­in und Marathonlä­uferin ist Expertin für Politik, Gericht und Stadtentwi­cklung. In der Pandemie machte sie sich mit ihrer Berichters­tattung über die CoronaPoli­tik einen Namen

Newspapers in German

Newspapers from Austria