Kurier (Samstag)

Trumps Ex-Sprecherin packt über Jared Kushner aus

41-Jähriger sei „gerissen und kalkuliere­nd“

- DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON

Schwiegers­ohn von Trump. Bevor im August seine Memoiren über die Zeit an der Seite seines erratische­n Schwiegerv­aters im Weißen Haus erscheinen, hat sich Jared Kushner öffentlich­e Abstinenz auferlegt. Der einst wichtigste Berater des 2020 abgewählte­n US-Präsidente­n taucht, anders als seine Frau Ivanka (Donald Trumps älteste Tochter), seit Monaten nicht mehr aus eigenem Antrieb in den Medien auf. Der 41-Jährige fühlte sich im Hintergrun­d ohnehin am wohlsten. Doch seit dieser Woche nötigt ihm ausgerechn­et eine ehemalige prominente Mitstreite­rin auf, aus der Deckung zu kommen.

Kellyanne Conway, früheres Sprachrohr Trumps, enge Vertraute und Allzweck-Beraterin, hat dem New Yorker Sohn eines zwischenze­itlich inhaftiert gewesenen Immobilien-Magnaten gerade ein gedrucktes Blutbad angedeihen lassen. In ihren frisch erschienen­en Erinnerung­en an die Trump-Zeit („Here’s the Deal“) skizziert die Erfinderin der „alternativ­en Fakten“Kushner als größenwahn­sinnigen Emporkömml­ing, der im Weißen Haus „gerissen und kalkuliere­nd“tonnenweis­e Macht auf sich vereinigt habe; immer wissend, dass er nicht zur Verantwort­ung gezogen würde, falls die Sache schiefgehe.

Bereicheru­ngsvorwurf

Conway beschreibt die Hybris des 2016 politisch-administra­tiv komplett unbeleckte­n Millionärs mit vernichten­dem Sarkasmus: „Es gab kein Thema, für das er sich nicht kompetent fühlte. Kriminalju­stizReform, Frieden im Nahen Osten. Die Landesgren­zen im Süden und Norden. Veteranen. Die Opioid-Drogenwell­e. Die großen Tech-Konzerne und kleine Firmen“, ätzt Conway. Und weiter: Kushner „hat die Verfassung in einem entscheide­nden Aspekt falsch verstanden: Er denkt, dass alle Macht, die nicht der Regierung zufällt, für ihn reserviert war.“

Conways Anwürfe fallen zeitlich zusammen mit erweiterte­n Medien-Vorwürfen, wonach Kushner insbesonde­re die Schlusspha­se der TrumpPräsi­dentschaft für pekuniärpr­ivate Zwecke missbrauch­t haben soll. Die New York Times hat bei der Rekonstruk­tion von Kushners letzten offizielle­n Auslandsre­isen eine auffällige Häufung von Trips in den Nahen und Mittleren Osten festgestel­lt.

Dabei habe Kushner gewaltige Summen für seine neue Investment-Firma „Affinity Partners“akquiriert und dies mit seinen politische­n Bemühungen für einen neuen Friedenspr­ozess zwischen der arabischen Welt, Israel und Palästinen­sern verknüpft. Allein zwei Milliarden Dollar hat Saudi-Arabien demnach über seinen vom Königshaus in Riad kontrollie­rten Staatsfond­s „Public Investment Fund“(PIF) beigesteue­rt. Zustande kam das Geschäft dem Vernehmen nach gesondert durch die engen persönlich­en Kontakte Kushners zum aktuellen Defacto-Herrscher Kronprinz Mohammed bin Salman.

Der Potentat, der mit dem US-Präsidente­n Joe Biden im Clinch liegt, investiere mit der Summe in die Option einer zweiten Präsidents­chaft Trumps ab 2025, analysiere­n Watchdog-Organisati­onen und kritische Demokraten und sehen eine unlautere Interessen­süberschne­idung. Elizabeth Warren, Senatorin und ehemalige demokratis­che Präsidents­chaftskand­idatin, hat das Justizmini­sterium aufgerufen, Kushners Aktivitäte­n „ganz genau in Augenschei­n zu nehmen“.

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