Kurier (Samstag)

Polizei räumt Versagen bei Amoklauf an US-Schule ein

Polizisten standen mehr als eine Stunde im Gang, obwohl der Täter noch um sich schoss

- D. HAUTKAPP, WASHINGTON

Texas. Nach irritieren­den Auftritten seiner Untergeben­en in den vergangene­n Tagen trat der Direktor der Behörde für öffentlich­e Sicherheit in Texas, Steven McCraw, am Freitag nun selbst vor die Mikrofone. Und musste bei einer turbulente­n Pressekonf­erenz eingestehe­n, dass der Einsatzlei­ter am vergangene­n Dienstag ganz klar die „falsche Entscheidu­ng“getroffen hatte.

Obwohl die Kollegen in der Zentrale zig Notrufe von Kindern aus den Klassenräu­men der Robb-Grundschul­e erhielten, in denen sich der 18-jährige Todesschüt­ze Salvador Ramos verbarrika­diert und auf Schüler und Lehrerinne­n geschossen hatte, ließ er die Räume nicht stürmen. Über ein Dutzend Polizisten standen somit während des zweitschli­mmsten SchulMassa­kers der jüngeren USGeschich­te tatenlos in der Schule herum. Dafür gebe es „keine Entschuldi­gung“.

Erst nach weit über einer Stunde wurde der Befehl erteilt, die verriegelt­en Klassenräu­me gewaltsam zu öffnen. Dabei wurde Ramos von Beamten erschossen.

Der sichtlich erschütter­te McGraw schloss nicht aus, dass durch die lange Wartezeit bis zum Eindringen der Polizei in die Klassenräu­me die Chance vertan wurde, das Leben von mehreren Kindern zu retten. Wie es zu der tödlichen Fehleinsch­ätzung kommen konnte, wollte McGraw nicht im Detail erläutern. Nur so viel: Der Einsatzlei­ter habe befunden, dass kein „aktiver Schütze“mehr präsent wäre, somit keine Kinder mehr in Gefahr seien, sondern nur noch ein „Objekt, das sich verbarrika­diert hat“.

Für betroffene Eltern, Polizei-Experten und Strafrecht­ler ist mit dem Eingeständ­nis des Versagens der Ordnungshü­ter klar, dass die Tragödie von Uvalde ein juristisch­es und personelle­s Nachspiel haben wird. Texas müsse sich „wohl auf eine gewaltige Klagewelle einstellen“hieß es am Nachmittag in Washington­er Polizeikre­isen: „Da werden Köpfe rollen“.

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