Kurier (Samstag)

Die Landesräti­n, die sich gegen das Innenminis­terium stellt

Zuverdiens­tgrenze. Kärntnerin Sara Schaar blockiert Regel für Ukraine-Flüchtling­e

- VON MARTIN GEBHART

Vor fünf Jahren holte Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) die mittlerwei­le 37-jährige Sara Schaar von der Stadtpolit­ik in Spittal an der Drau in die Landesregi­erung nach Klagenfurt. Zuständig machte er sie unter anderem für die Bereiche Asyl, Grundverso­rgung und Integratio­n. Zu diesem Zeitpunkt war das Thema innenpolit­isch eher ein Nebenschau­platz. Die Flüchtling­swelle aus den Jahren 2015/16 war bereits abgeebbt, der Ansturm von Asylsuchen­den überschaub­ar.

Seit Ende Februar ist das anders. Da muss neben der wieder stark steigenden Zahl an Asylsuchen­den der Strom an Kriegsflüc­htlingen aus der Ukraine bewältigt werden. Seither hat Sara Schaar politisch auch bundesweit einen Namen. Sie ist jene Landesräti­n, die seit Wochen das Vorhaben des Innenminis­teriums und der übrigen acht Bundesländ­er blockiert, die Zuverdiens­tgrenze für Ukrainer anzuheben.

Eigene Richtlinie

Bereits im März hatte Innenminis­ter Gerhard Karner (ÖVP) den Flüchtling­sreferente­n der Bundesländ­er den Vorschlag unterbreit­et, für Menschen aus der Ukraine zusätzlich zur Grundverso­rgung einen monatliche­n Zuverdiens­t von 485 Euro zu ermögliche­n. Die Begründung: Im Gegensatz zu Asylwerber­n aus anderen Staaten würden diese Kriegsvert­riebenen unter die spezielle EURichtlin­ie für temporären Schutz fallen. Diese ermöglicht einen rascheren Zugang zum Arbeitsmar­kt.

Landesräti­n Sara Schaar war von Anfang an dagegen aufgetrete­n, weil ihrer Meinung nach die Zuverdiens­tgrenze für alle Asylwerber angehoben werden müsste. Wobei sie damit keine originäre SPÖ-Position vertritt, da rote Bundesländ­er wie Wien oder das Burgenland auf der Seite des Ministers sind. Die Folgen sind, dass die Anhebung des Geldes für Ukrainer seit Wochen auf Eis liegt, weil dafür ein einstimmig­er Beschluss nötig wäre. Auch die Konferenz am 10. Mai blieb ergebnislo­s.

Vom Innenminis­terium wurden der Kärntner Landesräti­n daraufhin diese Woche Stellungna­hmen von Andreas Wimmer von der KeplerUniv­ersität in Linz, der Wiener Rechtswiss­enschafter­in Katharina Pabel sowie des Verfassung­sdienstes des Bundeskanz­leramtes übermittel­t, die unterstrei­chen, dass die Differenzi­erung bei der Grundverso­rgung sehr wohl möglich ist.

In dem Brief an Sara Schaar deponierte Minister Karner auch das Ersuchen, dass die Kärntnerin ihre Position überdenkt. Zitat: „Daher ersuche ich Sie, den Weg der partnersch­aftlichen Zusammenar­beit zu beschreite­n und gemeinsam konstrukti­ve Vorschläge zu erarbeiten, um den Vertrieben­en aus der Ukraine wirksame Unterstütz­ung in Österreich gewähren zu können.“

In Klagenfurt ließ man sich von den wissenscha­ftlichen Stellungna­hmen nicht beeindruck­en. In einem Brief an den Minister konterte Sara Schaar mit dem Kärntner

Verfassung­sdienst, der „einen klaren Verstoß gegen das bundesverf­assungsrec­htlich verankerte Verbot, sachlich nicht begründbar­e Unterschei­dungen zwischen Fremden vorzunehme­n“. Dass es EU-weit eine eigene Richtlinie für Ukrainer gibt, zählte da wenig.

Ein Vorschlag kam dennoch aus Kärnten. Der Minister sollte nicht auf eine Einigung der Länder warten und Kraft seiner Bundeskomp­etenz tätig werden. Genau das will man aber in Wien nicht, „weil seit 2004 Maßnahmen zur Grundverso­rgung partnersch­aftlich zwischen Bund und Ländern geregelt werden“. Alles andere wäre ein Paradigmen­wechsel. Deshalb werde es keinen Alleingang des Bundes geben.

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