Erinnerungen gegen die Renaissance der Atomkraft
Befürworter und Gegner in der Atom-Debatte kommen zu Wort
Der 5. November 1978 hat Auswirkungen bis heute. Damals verhinderte das (knappe) Ergebnis einer Volksbefragung die Inbetriebnahme des fertig gebauten Kernkraftwerks Zwentendorf (Bezirk Tulln). Damit sollte das Thema für immer vom Tisch sein. Doch die jüngste Debatte um Energieversorgung und „grünen“Atomstrom lässt es aktueller denn je erscheinen.
50 Jahre nach Grundsteinlegung wird die Geschichte des Kraftwerks und der Widerstandsbewegung in einem Theaterstück mit Zeitzeugen und Schauspielern im Reaktor neu erzählt und lebendig gemacht. „Gemeinschaftskernkraftwerk“nennt sich die Globart-Eröffnungsproduktion von Jakob Brossmann und Manfred Rainer.
Im Stück macht man sich in unterschiedlichen Räumlichkeiten des Werks auf Spurensuche
in der Vergangenheit. Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, Befürworter und Gegner von damals kommen zu Wort. Maria Höchtl, die damals im Fleischereibetrieb ihres Mannes arbeitete, erzählt etwa, dass man für die Inbetriebnahme stimmte: „Wie haben ja nicht anders können, als für ,Ja‘ zu stimmen. Da ist die ganze Produktion drang’hängt.“Die ganze Familie habe schreckliche Drohungen bekommen.
„Baue ich einen Kuhstall, ohne vorher zu wissen, wo der Mist dann überhaupt hinkommt? Nein“
Michael Ledwinka Zwentendorfer
Musik gegen das AKW
Besonders eindrucksvoll wirkt das Stück, weil man als Besucher durch das Kraftwerk gelotst wird, mit Szenen mitten im Reaktor. In einem Raum hätten eigentlich die Brennstäbe montiert werden sollen. Doch dazu kam es nie. Bei der Premiere am Freitag spielt und singt hier Musikerin Beatrix Neundlinger, Frontfrau der Rockband „Schmetterlinge“. Jahrelang tourte sie damals auch bei Demos gegen die Kernkraft.
Auch Heinrich Bossmann kommt zu Wort, beziehungsweise eher seine Puppe. Denn der ehemalige Chemiker setzt sich seit Jahrzehnten in seinem Figurentheater dafür ein, das Umweltbewusstsein zu fördern. Michael Ledwinka wiederum war zur Zeit der AKW-Debatte als Pastoralassistent nach Zwentendorf gekommen. Bald sei er gegen das Kraftwerk gewesen, sagt er und zieht einen Vergleich: „Baue ich einen Kuhstall, ohne vorher zu wissen, wo der Mist dann überhaupt hinkommt? Nein.“
Ebenso involviert war der damalige Gendarm Peter Grestenberger. Er war bei den Demos beruflich im Einsatz und sei auch heute noch für den Bau eines Kernkraftwerks, weil man so die Sicherheit selbst gewährleisten könne.
Die Produktion wird als Sonderprojekt durch das Land NÖ im Rahmen von „100 Jahre Niederösterreich“gefördert und von der EVN unterstützt. Am 28. und 29. Mai gibt es noch die Möglichkeit das Stück zu sehen.