So verreisen Kinder ohne Eltern und ohne Heimweh
Wer die Trennung auf Zeit vorab bespricht, ermöglicht gute Erfahrungen
Der Countdown läuft. Ob Projektwoche im Klassenverband, Pfadfinderlager oder Sommercamp in unbekannter Gesellschaft – das erste Verreisen ohne Familie löst nicht immer nur positive Gefühle aus. Doch das Reisefieber lässt sich gut behandeln – bei Kindern wie bei Eltern.
„In erster Linie helfen Vorgespräche, Sorgen aufzulösen“, sagt Johannes Achammer. Der Kinder-, Jugendund Familienpsychologe rät, die Tage der gebuchten Trennung gemeinsam vorzubereiten. Besorgungen werden zusammen erledigt, Koffer im Team gepackt. Bedenken des Sprösslings dürfen nicht übergangen werden, vielmehr sind sie mit Argumenten zu zerstreuen. Anhand der Ausschreibung bzw. von Prospekten lässt sich zudem Vorfreude auf Abenteuer wecken. Wer die Eckpunkte des Programms kennt, fährt nicht völlig ins Blaue.
Vertrauen
„Kinder müssen wissen, dass sie sich jederzeit an die Betreuer wenden können“, betont der Experte. Bezugspersonen auf Zeit geben Sicherheit. Es muss im Kopf sein, dass das geschulte Personal in jedem Fall erste Anlaufstelle ist; Eltern bleiben bei Heimweh die letzte Rettung.
Oft resultiert ein Zwischentief aus Müdigkeit oder einem Streit, der schnell geschlichtet ist. Am nächsten Tag ist die Welt meist wieder in Ordnung und die Sehnsucht nach dem Nest verflogen. Gibt es nur Tränen, ist das Kind ständig isoliert, wird der Veranstalter die Abreise veranlassen; darauf können sich Klein und Groß verlassen. Telefonieren zwischendurch funktioniert am besten zum ausgemachten Termin. Für Eltern heißt es dann Zuhören und Nachfragen.
„Mit Probeübernachtungen, z. B. bei den Großeltern, können schon die Kleinen Erfahrungen sammeln“, sagt Achammer. Für eine mehrtägige Reise ohne Vertraute ist der Nachwuchs in der Regel ab dem siebenten Lebensjahr gerüstet; manche sind erst ab zehn Jahren reif dafür. Teenager fühlen sich unter Gleichaltrigen für gewöhnlich wohl.
„Für Eltern geht es vor allem darum, loszulassen“, sagt der Psychologe. Bedenken übertragen sich schnell vom Erwachsenen auf das Kind. Darüber hinaus ist die Abnabelung als Chance zu sehen. Johannes Achammer schließt: „Eltern können die Zeit in die Partnerschaft investieren. Für Kinder ist der Urlaub ohne Familie ein wichtiger Entwicklungsschritt.“