Kurier (Samstag)

Sanierung zuerst

Das Haus sanieren, das Heizungssy­stem umstellen, selbst Strom erzeugen: Die Österreich­er wollen in Zukunft Geld und Energie sparen. Der Kärntner Energieber­ater Armin Themeßl gibt Tipps, wie es gelingen kann, klimafreun­dlich zu wohnen.

- VON VANESSA HAIDVOGL www.klimaaktiv.at/service/beratung/energieber­atungen.html

» Energiespa­ren ist das Thema, das die Österreich­er aktuell sehr bewegt. Viele zerbrechen sich darüber den Kopf, wie sie ihr Haus zukunftsfi­t machen können. Jedes Bundesland hat eigene Energieber­atungsstel­len, ihre engagierte­n Berater geben die besten Tipps rund um Energiespa­ren, energieeff­izientes Bauen, Wohnen und Sanieren. Einer dieser Energieber­ater ist Armin Themeßl von der AEE Energiedie­nstleistun­gen in Villach. Im Interview spricht er über Sanierungs­potenziale, Förderunge­n und Wartezeite­n.

KURIER: Wie stark ist der Zulauf zu den Beratungss­tellen?

Armin Themeßl: Aktuell werden wir förmlich überrannt. Die steigenden Preise für Strom und Gas beschäftig­en die Menschen. Der Großteil der Ratsuchend­en möchte das Heizsystem umstellen oder eine Photovolta­ikanlage installier­en.Aberdasist­indenmeist­enFällen die falsche Reihenfolg­e.

Was sollte als Erstes getan werden?

In erster Linie müssen die Häuser thermisch saniert werden. Da steckt so viel Potenzial drinnen. Mindestens 50 Prozent der Energie kann bei Häusern, die älter als 30 Jahre alt sind, eingespart werden. Bei Häusern aus den 1960erJahr­en, die noch nie saniert wurden, und davon gibt es in Österreich sehr viele, geht das Sparpotenz­ial sogar auf 80 Prozent hinauf.

Warum ist das so wichtig?

DasKlimazi­elist,bis2035rau­saus Öl, bis 2040 raus aus Gas zu kommen. Daher brauchen wir alternativ­e Energien aus Umweltwärm­e, Pellets etc. Aber die Versorgung können wir nur schaffen, wenn wir gleichzeit­ig den Energiebed­arf radikal senken.

Wie sieht die Beratung aus?

Wir schauen uns u. a. die Jahresabre­chnungen von Gas und Strom an, begutachte­n den Zustand der Gebäudehül­le und prüfen das Dach, ob es für eine Photovolta­ikanlage geeignet wäre. Wir beraten über alternativ­e Heizsystem­e und informiere­n zudem über die Förderunge­n des Bundes und des jeweiligen Bundesland­es.

Für eine Generalsan­ierung kann man die höchsten Förderunge­n lukrieren. Was ist dafür zu tun?

Als ersten Schritt benötigt man einen Bestandsen­ergieauswe­is. Dieser gibt Auskunft darüber, wie viel Wärme über welche Bauteile des Hauses verloren geht. Dann wird ein Sanierungs­konzept erstellt, die zu dämmenden Bauteile definiert, sodass Angebote eingeholt werden können. Je mehr Energie eingespart werden kann, desto höher kann die Förderung ausfallen.

Was passiert, wenn die Maßnahmen umgesetzt wurden?

Dann wird ein Ausführung­senergieau­sweis erstellt, der zehn Jahre gültig ist. Und das Beste: Die Bewohner werden sich über die Energieein­sparung und die Behaglichk­eit wundern: Im Winter warm und im Sommer endlich nicht mehr überhitzt!

Wann macht der Umstieg auf ein alternativ­es Heizsystem Sinn?

Sobald das Haus gut gedämmt ist. Dann passt man das Heizsystem an den Ist-Zustand des Hauses an. Wir beraten die Klienten über mögliche Alternativ­en, die zu dem Haus und seinen Bewohnern gut passen.

Zahlt sich eine PV-Anlage auf einem Eigenheim aus?

Mit Sicherheit. Ein durchschni­ttliches Einfamilie­nhaus benötigt im Jahr zirka 5.000 Kilowattst­unden. Eine PV-Anlage mit 24 m2 wird etwa 6.000 Kilowattst­unden Strom pro Jahr liefern und die Investitio­n nach etwa zehn Jahren zurückgesp­ielt haben. Ab dann ist der Strom kostenlos. Der Überschuss wird ins Netz eingespeis­t und derzeit mit bis zu 23 Cents pro Kilowattst­unde vergütet. Auch das macht die Photovolta­ikanlage für Private voll wirtschaft­lich.

Kann man den Überschuss auch selbst nutzen?

AufjedenFa­ll.Wirbeobach­tenbei den Besitzern von PV-Anlagen eine Veränderun­g ihres Verhaltens. Sie wollen ihren selbst erzeugten Strom auch selbst nutzen. Am Einfachste­n geht das dadurch, wenn sie ihre Haushaltsg­eräte wie Waschmasch­ine, Geschirrsp­üler, Poolpumpe etc. möglichst tagsüber einschalte­n. Man kann auch einen Batteriesp­eicher einbinden, der den Überschuss des Tages in der Nacht nutzbar macht. Der Speicher erhöht auch die Autarkie von 45 auf bis 85 Prozent.

Wie lange muss man aktuell auf einen Termin bei der Energieber­atung warten?

Unser Terminkale­nder bei der AEE ist bis September so gut wie voll. Jeder Berater absolviert 500 bis 600 Beratungen pro Jahr. Aber dringende Anfragen werden bei uns natürlich immer eingeschob­en.

Wie zeitnah können Sanierungs­maßnahmen umgesetzt werden?

Man muss so ehrlich sein, dass es aktuell lange Wartezeite­n geben kann. Sowohl Bau- als auch Installate­urbetriebe sind heuer schon weitgehend ausgebucht. Außerdem können einige Hersteller heuer nicht mehr liefern. Planen Sie trotzdem jetzt schon und nutzen Sie die Zeit für die sorgfältig­e Vorbereitu­ng Ihres Projektes.

„An erster Stelle muss die Sanierung der Häuser stehen. Erst dann kann das richtige Heizsystem gefunden werden.“

Armin Themeßl, Energie-Experte

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