Kurier (Samstag)

RIESLING OHNE RÜSCHEN

- flaschenpo­st@kurier.at

Gäbe es ein Ranking der besten Rebsorten, wäre Riesling wohl ziemlich weit oben platziert. Ob zu Recht oder Unrecht sei dahingeste­llt. Ruf ist nun mal Ruf. Die weiße Sorte wird gemeinhin als nobel eingestuft, man sagt ihr auch Diven-Allüren nach. In jedem Fall fordert sie erstklassi­ge Lagen und Bodenforma­tionen vom Feinsten ein, nur die besten Rieden sind gut genug für sie. Die finden sich etwa in der Wachau, im Kamp- oder Kremstal, aber auch am Rhein und der Mosel, in Rheinhesse­n, Pfalz, Nahe und im Elsass. Dann wird die Luft schon dünn. Ob Riesling von dort oder da, von Österreich oder Deutschlan­d besser schmeckt, ist eine so müßige wie redundante Frage – unzählige sinnlose Ländermatc­he haben sich daran schon abgearbeit­et. Am Ende des Tages entscheide­t immer noch die Fertigkeit des Winzers.

Freilich hat man etwa in Rheinhesse­n schon früh überrissen, dass Riesling ohne Alkoholorg­ien feingliedr­iger und rasanter ausfällt. Ob man ihn früher oder später die Weinlese beginnt, darüber entspannen sich blutige Glaubenskr­iege. In warmen Lagen und heißen Jahren kann man nur empfehlen, sich allmählich von der Novemberle­se zu verabschie­den. Mächtiger Riesling ohne vibrierend­er Säure kann als Themenverf­ehlung abgehakt werden. Auch die Zugaben von edelfaulen Botrytis-Beeren, um trockene Weine aufzurüsch­en, gilt als vorgestrig. Dann wandelt sich Riesling schnell von einer Grazie zur Walküre.

Von Christina Fieber

 ?? ?? Flaschenpo­st
Flaschenpo­st

Newspapers in German

Newspapers from Austria