Kurier (Samstag)

Auf der Suche nach dem Fehler

Zwei Fälle erschütter­n die Stadt. Wie sie jetzt vorgehen will

- VON JULIA SCHRENK

Besucht ein Kind einen Kindergart­en, in dem ein Pädagoge verdächtig­t wird, ein anderes Kind sexuell missbrauch­t zu haben, müssen dann die Eltern eines Kindes, das nicht direkt Kontakt zu dem Pädagogen hatte, informiert werden?

Das ist die Frage, die nun eine Untersuchu­ngskommiss­ion klären soll.

Wie berichtet, soll es 2021 in einem städtische­n Kindergart­en zu sexuellem Missbrauch eines Kindes durch einen Pädagogen gekommen sein. Nach Bekanntwer­den des Falls haben bisher drei weitere Betroffene Anzeige erstattet – die Staatsanwa­ltschaft ermittelt. Parallel dazu ging ein weiterer Fall von möglichem sexuellen Missbrauch an die Öffentlich­keit: Ein Wiener Lehrer soll von 2004 bis 2019 Kinder missbrauch­t haben, zum Teil schwer. Nach einer Anzeige 2019 beging der Lehrer Suizid. Die Zahl der Opfer ist mittlerwei­le auf 25 gestiegen.

Und auch in diesem Fall hat die Stadt eine Untersuchu­ngskommiss­ion eingesetzt. Was sie bringen soll? Eine Antwort auf die Frage, „wie es möglich war, dass ein Lehrer über Jahre hinweg Kinder missbrauch­t hat und niemand das verhindern konnte“, sagt Kinder- und Jugendanwa­lt Ercan Nik Nafs, quasi oberster Kinderschu­tzbeauftra­gter der Stadt.

Drei Personen sitzen in der Kommission – jeweils ein Vertreter von Kinder- und Jugendanwa­ltschaft, Bildungsdi­rektion als Aufsichtsb­ehörde und der Kinderschu­tzorganisa­tion Kinder- und Jugendhilf­e.

Schritt für Schritt

Auch in der Kindergart­enKommissi­on sitzen drei Parteien: Kinder- und Jugendanwa­ltschaft, Möwe und die MA 11 als Aufsichtsb­ehörde. Ihre Aufgabe: Sämtliche Schritte, die nach Bekanntwer­den des Verdachtsf­alls gesetzt wurden (vom Kindergart­en, von der zuständige­n Magistrats­abteilung MA 10), zu rekonstrui­eren. Und herauszufi­nden, wer welche Entscheidu­ng getroffen hat und ob dabei Fehler gemacht wurden, etwa in der Kommunikat­ion mit Behörden und Eltern. Denn dass nur jene Eltern informiert wurden, deren Kind zwar den besagten Kindergart­en besuchte, nicht aber in direktem Kontakt mit dem Pädagogen stand, war eine Entscheidu­ng der MA 10. Und ebenso, dass der zuständige Stadtrat – in dem Fall Vizebürger­meister Christoph Wiederkehr (Neos) – nicht informiert wird.

Dem Vernehmen nach wird der MA 10 zwar keine absichtlic­he Vertuschun­g vorgeworfe­n, aber deutliche Fehler in der Kommunikat­ion. Der Bericht der Kindergart­enKommissi­on soll im Juli vorliegen, dem Inhalt wollen die involviert­en Akteure nicht vorgreifen, anzunehmen ist aber, dass alle Eltern künftig ab einem Verdachtsf­all informiert werden sollen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria