Siegerin lief bei Marathon nicht als Erste durchs Ziel
Verwirrung um 1. Platz wegen absurder Zeitnehmung
Der Waldviertler Hobbyläuferin Anna Holzmann gelang am 24. April eine Sensation, die keiner auf dem Radar hatte, nicht einmal sie selbst: Mit einer Nettozeit von 3:03:06 Stunden war sie die schnellste Österreicherin beim Vienna-City-Marathon (VCM). Doch ins Ziel kam sie vorerst als Zweitplatzierte. Eine kuriose Situation, die zu einer Änderung der Zeitnehmung beim VCM führen könnte.
„Ich wusste, dass die heimische Elite heuer nicht mitläuft. Es war klar, dass eine Amateurin die Schnellste sein muss – aber dass ich das sein werde, damit habe ich nicht gerechnet“, erzählt die 33-jährige Zwettlerin. Aufgrund der Selbsteinschätzung betreffend ihrer Zeit bei ihrer 2. VCM-Teilnahme startete sie im 2. Startblock.
Bei Kilometer 22 habe sie dann einen Einbruch gehabt – Zwicken und Unwohlsein im Bauch –, „da habe ich dann Tempo herausgenommen und nicht mehr auf die Uhr geschaut. Ich bin einfach nur gelaufen, weil ich dachte, dass ich mein Ziel – einen Lauf unter drei Stunden – sowieso nicht mehr erreiche“.
Überraschung
Doch dann ging es wieder bergauf, Anna Holzmann ging es wieder gut. „Und auf einmal war da das ORF-Motorrad neben mir“, erzählt sie. Warum, sei ihr beim Laufen nicht klar gewesen. Als dann aber jemand sinngemäß sagte: „Nun haben wir sie gefunden, die schnellste Österreicherin: Da bin ich nur noch geflogen, nix mehr mit schweren Hax’n. Der Zieleinlauf war sensationell“, berichtet die biomedizinische Analytikerin.
Das ORF-Begleitauto hingegen war zuvor schon mit der Österreicherin, die zuerst über die Ziellinie gelaufen war, mitgefahren: Carola Bendl-Tschiedel (45), ebenfalls keine Profiläuferin, bewältigte den Marathon mit einer Bruttozeit von 3:04:33. Sie aber startete im ersten Startblock, fünf Minuten vor jenem von Anna Holzmann. Holzmann war die schnellere Läuferin, kam aber mit Verspätung ins Ziel.
Wodurch sich eine Situation ergab, die es noch nie gegeben hat: Die schnellste Österreicherin, eine Amateurin, lief als Zweite über die Ziellinie. Das überraschte auch die VCM-Veranstalter. „Wir hatten die Sensation, dass es keine Eliteläuferin gab im Eliteblock, der startet um 8.58 Uhr. Wir wussten, es gibt die eine oder andere, die wir beobachten müssen, aber meistens sind sie im gleichen Block. Dann ist klar: Erste ist die, die zuerst die Linie überschreitet“, so VCM-Geschäftsführerin Kathrin Widu.
Glück für Holzmann: Nach dem Reglement vom Weltverband und vom Österreichischen Leichtathletikverband gilt die Bruttozeit als offizielle Zeit, das ist die Zeit zwischen dem Startschuss und dem Übertreten der Ziellinie durch den Läufer. Da hätte Holzmann das Nachsehen gehabt. Für Hobbyathleten wird aber die Nettozeit gewertet. „Darum versuchen wir hier den Spagat und machen auch eine Nettoreihung“, so Widu. Um Verwirrungen in Zukunft zu vermeiden, erarbeite man nun, wie man sichergehen könne, dass die schnellsten Österreicherinnen auch alle gemeinsam im ersten Block starten.
Anna Holzmann hat an diesem 24. April 2022 in jedem Fall Marathongeschichte geschrieben.