Kurier (Samstag)

Was an der alten Garde gut war

- VON RICHARD GRASL richard.grasl@kurier.at / Twitter: @richardgra­sl

Mit Hermann Schützenhö­fer geht der Letzte einer alten Politiker-Garde, wobei das Eigenschaf­tswort hier nicht negativ gemeint ist. Er war der letzte Aktive einer Politikerg­eneration, die in den Achtzigerj­ahren politisch groß geworden ist und lange Zeit den nie enden zu scheinende­n Aufstieg der Wirtschaft verwalten durfte. Es war eine Zeit, in der man Politiker respektier­t hat, und Politiker gerne bei den Menschen zu sein schienen. Ja, es wurde auch gepackelt, es wurden Posten geschoben und Dinge gemacht, für die Staatsanwä­lte heute gleich einen Beschuldig­tenstatus verteilen. Aber das war damals erlaubt oder zumindest üblich. Das Land hat trotzdem funktionie­rt. Denn es wurde gestaltet und geführt. Der Anspruch, etwas zu verbessern, war wichtiger als der politische­n Konkurrenz eine reinzusemm­eln.

Was man Schützenhö­fer zugutehalt­en muss: Er hat sich mit der Zeit weiterentw­ickelt. 2010, als Rot und Schwarz das Land beinahe an die FPÖ verloren hatten, gründete er als Vize mit SPÖ-Landeshaup­tmann Franz Voves die „Reformpart­nerschaft“, die nicht nur ein Marketing-Gag war. Die beiden setzten die Neuordnung des Landes gegen erbitterte­n Widerstand aus einzelnen Regionen durch. Sie ordneten Gemeinden und Bezirke neu, lösten kaum frequentie­rte Bezirksger­ichte und andere Ämter auf, weil sie es für notwendig und richtig erachteten. Das Richtige populär zu machen, war ihr Motto. Wir würden uns das bei der Pensionsre­form, Pflege oder dem Zugang ausländisc­her Fachkräfte zum Arbeitsmar­kt wünschen. Er bewies Hausversta­nd bei der Corona-Bekämpfung und Empathie bei der Amokfahrt durch die Grazer Fußgängerz­one.

Aber natürlich war Hermann Schützenhö­fer auch ein Parteiobma­nn alten Stils. Er bestand auf steirische­n Ministerpo­sten und bewies bei der Entsendung der bald zurückgetr­etenen Christine Aschbacher und beim bis dato glücklosen Bildungsmi­nister Martin Polaschek kein gutes Händchen. Wenn ihm was in Wien nicht passte, polterte er Richtung Bundesregi­erung oder ÖVP, wobei er bei vielen Themen richtig lag. Dass der Bund 2015 zusah, wie Tausende Flüchtling­e in Spielfeld die Grenze stürmten und die Polizei überrannte­n, empörte ihn. Weil es erste Aufgabe eines Staates sei, seine Grenzen zu schützen. Er hatte recht.

So gesehen wäre Hermann Schützenhö­fer für die ÖVP ein guter Kandidat, um gegen Alexander Van der Bellen bei der HofburgWah­l anzutreten. Er würde diese wegen des Bonus des Amtsinhabe­rs und der aktuellen Schwäche der ÖVP wohl nicht gewinnen. Aber die Volksparte­i hätte Gelegenhei­t, ihre gesellscha­fts- und wirtschaft­spolitisch­en Vorstellun­gen in einem Wahlkampf zu präsentier­en und würde das Feld nicht einem linken Kandidaten und der FPÖ alleine überlassen. Gegen einen Ex-Landeshaup­tmann könnte sich Van der Bellen auch nicht vor TV-Diskussion­en drücken. Doch Schützenhö­fer hat gesagt, dass sein Leben die Steiermark bleibe. Und sein Wort gehalten hat er immer.

Schützenhö­fer wäre für die ÖVP ein guter Hof burg-Kandidat. Denn es ist falsch, das Feld einem linken Kandidaten und der FPÖ zu überlassen

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