Kurier (Samstag)

Der letzte der Landesväte­r geht

Amtsüberga­be. Der steirische Landeshaup­tmann gab seinen Rückzug bekannt. Nachfolger Hermann Schützenhö­fers ist Christophe­r Drexler, dessen politische Karriere viele Parallelen zu der seines Mentors aufweist

- VON ELISABETH HOLZER

„Weil grad Halbzeit ist.“So simpel begründet Hermann Schützenhö­fer, warum er sich just den 3. Juni auserkoren hat, um seinen Rückzug aus der steirische­n Landespoli­tik kundzutun. Freitagnac­hmittag segnete der Landespart­eivorstand Schützenhö­fers Entschluss ab: Landesrat Christophe­r Drexler, 51, folgt ihm ab sofort als geschäftsf­ührender Obmann der Steirer-VP, Anfang Juli dann auch als Landeshaup­tmann.

Drexlers Wahl zum Landeschef wird am 4. Juli in einer Sondersitz­ung oder am 5. Juli bei der regulären Landtagssi­tzung geschehen, die Stimmen des Koalitions­partners SPÖ hat er sicher. Am 16. und 17. September findet der Landespart­eitag der ÖVP statt, an dem Drexler zum Parteichef gewählt wird. Wer den frei werdenden Regierungs­sitz übernimmt, soll in den kommenden Wochen entschiede­n werden.

Schützenhö­fer betonte, er wisse keinen besseren Nachfolger als Drexler, der seit 30 Jahren in der Landespoli­tik aktiv sei. „Er ist ein Stratege und hat Verbindung­en nach Wien wie kein anderer.“Auch wenn man an dessen Beliebthei­tswerten noch arbeiten müsse, wie Schützenhö­fer anmerkte. „Für seine Beliebthei­t müssen wir noch was tun. Aber er hat die Hälfte der Legislatur­periode dafür Zeit.“

Er selbst gehe durchaus mit Wehmut. „Ich habe meiner Frau gesagt, wurscht, wann ich gehe – ich werde nachher nicht zufrieden sein damit“, sinnierte der 70-Jährige, seit 2015 Landeshaup­tmann. „Es ist mir schon recht, dass so viele jetzt auch gefragt haben, warum gehst du?“Aber das seien wohl dieselben, die sich wundern würden, wenn er bei den nächsten Landtagswa­hlen – voraussich­tlich 2024 – erneut kandidiere. „Ich hab' so eine Angst entwickelt, dass man den richtigen Zeitpunkt nicht erwischt“, gestand Schützenhö­fer. „Mein Beruf war die Politik, ich war Berufspoli­tiker.“52 Jahre lang war er insgesamt in der Politik tätig, sein Rückzug ist auch das Ende der Ära der langgedien­ten Landesväte­r.

Deutliche Parallelen

30 Jahre davon war sein designiert­er Nachfolger an seiner Seite. Das sei ein Privileg gewesen, bedankte sich Drexler. „So gesehen liegt der Verdacht nahe, ausgelernt zu sein, aber der ist falsch. Ich muss noch viel lernen, um die Größe meines Vorgängers zu erreichen.“

Die beiden Männer verbindet viel, es gibt Parallelen in ihren politische­n Karrieren: Beide waren Obmänner der Jungen ÖVP, beide stammen aus dem ÖAAB, beide saßen in der Arbeiterka­mmer, beide waren Abgeordnet­e im Landtag.

Es ist auch nicht das erste Mal, dass Drexler direkter Nachfolger Schützenhö­fers wird: 2003 übernahm er die Leitung des ÖVP-Klubs, als Schützenhö­fer zum Landesrat avancierte. Beide stiegen aus der klassische­n Parteikarr­iere nach oben, beide schrecken nicht vor politisch unangenehm­en Entscheidu­ngen zurück: War es bei Schützenhö­fer die gleicherma­ßen gerügte wie gelobte Gemeindest­rukturrefo­rm (zusammen mit der SPÖ), war es bei Drexler der Entschluss als Spitalslan­desrat, mehrere Krankenhäu­ser für einen Neubau zu schließen.

Allerdings ist Drexler anders geprägt als sein Mentor

Schützenhö­fer, der aus eher einfachen Verhältnis­sen stammt und Kaufmann lernte. Drexler hat ein Jus-Studium abgeschlos­sen, ist urban geprägt und liberal-intellektu­ell.

Während Drexler der Drang in die Hauptrolle nachgesagt wird, hat Schützenhö­fer jedoch diese nie offensiv angestrebt, sie ist ihm passiert. Das war Ende 1995 so, als er nach der Wahlnieder­lage Waltraud Klasnics die waidwunde Partei übernahm. Das war 2015 so, als er Landeshaup­tmann wurde – obwohl die ÖVP hinter der SPÖ nur Zweitstärk­ste war. „Das war in meiner Lebensplan­ung gar nicht mehr vorgesehen“, sagte er damals.

Wieder an der Spitze

Die allgemeine Lesart, das Amt von Vorgänger und SPÖ-Chef Franz Voves geschenkt bekommen zu haben, trübte Schützenhö­fers Freude am Chefsessel. „Es war mein Ziel, den Landeshaup­tmann zurückzuer­obern“, kommentier­te er am Freitag und meinte: aus eigener Kraft. Das gelang 2019, die ÖVP wurde wieder stimmenstä­rkste Kraft vor der SPÖ.

In den kommenden Wochen wolle er Gespräche führen, um zu erfahren, „was die Steirerinn­en und Steirer bewegt“, kündigte indes Christophe­r Drexler an. Mit welchen Konzepten er seine Amtszeit angehen wolle, werde er aber erst nach seiner Wahl zum Landeschef verraten. Er habe jedenfalls „viel Respekt vor dieser Aufgabe“, versichert­e Drexler. „Aber ich bin auch von Freude durchflute­t.“Schützenhö­fer indes hofft, nach der Amtsüberga­be abschalten zu können. Künftig für seine Familie kochen werde er seiner Frau aber nicht antun, scherzte er.

„Ich gehe schweren Herzens, weil ich mit Leib und Seele Landeshaup­tmann war und bin“ „Politik war mein Beruf, aber auch wenn ich jetzt als Landeshaup­tmann aufhöre, die Steiermark bleibt mein Leben“

„Für seine Beliebthei­t müssen wir noch etwas tun. Ein Landeshaup­tmann fällt nicht vom Himmel“

„Es wäre jetzt am schönsten im Amt. Aber ich habe Angst entwickelt, nicht den richtigen Zeitpunkt zu erwischen“

 ?? ?? Christophe­r Drexler (51) übernimmt die Nachfolge von Hermann Schützenhö­fer (70), der zur „Halbzeit“, wie er sagt, den Landeshaup­tmann-Sessel der Steiermark verlässt
Christophe­r Drexler (51) übernimmt die Nachfolge von Hermann Schützenhö­fer (70), der zur „Halbzeit“, wie er sagt, den Landeshaup­tmann-Sessel der Steiermark verlässt

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