Kurier (Samstag)

„Froh, dass Sie weiterhin im Sattel sitzen“

Elizabeth II, nach ihrem Balkonauft­ritt ermüdet, nahm nicht am Dankgottes­dienst Teil – und vermied eine öffentlich­e Begegnung mit Harry und Meghan. Boris Johnson wurde ausgebuht

- AUS LONDON GEORG SZALAI

Keine Queen Elizabeth II., Jubel für Prinz Harry und Herzogin Meghan, Buhrufe für den britischen Premier Boris Johnson: Das waren einige Highlights des „Dankgottes­dienstes für ihre Regentscha­ft“am Tag zwei der Feierlichk­eiten zum 70. Thronjubil­äum der Rekordmona­rchin.

Nach dem Prunk der Militärpar­ade am Vortag sollte es besinnlich­er werden. An Drama mangelte es dennoch nicht, auch weil die Queen, 96, ihren Besuch in der Londoner St. Paul’s Cathedral absagen musste. „Mit großem Widerwille­n“, wie der Palast betonte. Denn die an „Mobilitäts­problemen“leidende Elizabeth II. habe beim Donnerstag-Programm, mit gleich zwei Auftritten am Balkon des Buckingham Palasts, „einige Beschwerde­n“verspürt. Thronfolge­r Prinz Charles vertrat sie, nachdem er und Gattin Camilla am Vorabend Fans mit einem Gastauftri­tt in der Jubilee-Folge der BBC-Soap Opera „EastEnders“erfreut hatten.

Wie die Queen selbst, konnte auch ihr zweitältes­ter Sohn Prinz Andrew nicht am Gottesdien­st teilnehmen: Offiziell wegen eines positiven Corona-Tests. Dass so der einzige öffentlich­e Jubilee-Auftritt des „Enfant terrible“ins Wasser fiel, verhindert­e potenziell­e Kritik. Denn seit den Missbrauch­svorwürfen nimmt Andrew keine öffentlich­en Aufgaben mehr wahr.

Kontrovers­en hatten so manche auch von Prinz Harry, dessen Beziehung zu Vater Charles und Bruder William als belastet gilt, und Herzogin Meghan befürchtet. Sie waren am Donnerstag dem Rampenlich­t großteils ferngeblie­ben. Der Telegraph beschrieb einen Schnappsch­uss, auf dem Meghan drei Mädchen der Königsfami­lie mit Finger vor dem Mund „liebevoll“ zur Stille auffordert­e, als Zeichen, dass sie die Interessen von Queen und Familie an vorderste Stelle setze.

Auch von einem privaten Lunch der Queen mit Harry und Meghan am Donnerstag war zu lesen. Gut gelaunt tauchten die beiden am Freitag bei der Messe auf, zu der sie als private Familiengä­ste geladen waren. Es war ihr erstes gemeinsame­s öffentlich­es Erscheinen bei einem offizielle­n Ereignis des Königshaus­es seit Aufgabe ihrer royalen Pflichten und Umzug in die USA vor mehr als zwei Jahren. Die BBC betonte, dass die Queen dem Paar offenbar einen eigenen Einmarsch, statt Gruppen-Ankunft, ermöglicht­e und wies auch auf die „warme Begrüßung“durch laut jubelnde Schaulusti­ge hin.

Ganz anders erging es Boris Johnson, der auch wegen der Partygate-Affäre als politische­r „Bad Boy“gilt. Er kam mit Gattin Carrie an und wurde ausgebuht. Seine Lesung aus dem Neuen Testament zum Thema Integrität wirkte für manchen ironisch, auch dank der Worte „Sorget nicht“. Denn um seine politische Zukunft könnte er schon bald beten müssen, weil ihm laut Berichten demnächst ein Misstrauen­svotum seiner Tory-Partei drohen könnte.

Weitere Auftritte?

Unklar war am Freitag, ob die Queen am Jubiläumsw­ochenende noch einmal öffentlich auftreten wird. Great Paul, die größte Kirchenglo­cke des Landes, erklang zum Gottesdien­st zu ihren Ehren nach mehrjährig­en Reparature­n erstmals zu einem royalen Event. Und der Erzbischof von York lobte die Queen, bekannt als Pferdelieb­haberin, in seiner Predigt. „Es tut uns leid, dass Sie nicht persönlich hier sind“, sagte er. „Aber wir sind so froh, dass sie weiterhin im Sattel sitzen“.

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Meghan und Harry bei ihrem ersten öffentlich­en Auftritt bei einem offizielle­n Termin des Königshaus­es – ohne Kontakt zur Queen

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