Kurier (Samstag)

Lästige Schädlinge loswerden

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Einsatzber­eit. Profession­elle Schädlings­bekämpfung spielt eine enorm wichtige Rolle für Gesundheit und Wohlbefind­en

Mag. Peter Fiedler, Berufszwei­gobmann der Schädlings­bekämpfer und Innungsmei­ster-Stellvertr­eter der Chemischen Gewerbe in Wien sowie Geschäftsf­ührer eines Traditions-Schädlings­bekämpfung­sunternehm­ens, erörtert die Bedeutung einer noch immer wenig bekannten und unterschät­zten Berufsgrup­pe im Interview.

KURIER: Warum spielt der Beruf des Schädlings­bekämpfers eine wichtige Rolle für die Erhaltung der Gesundheit und das persönlich­e Wohlbefind­en? Peter Fiedler: Viele Schädlinge, mit denen wir es zu tun haben, sind sogenannte Hygienesch­ädlinge, weil sie Krankheits­erreger in oder an sich tragen und übertragen können. Dazu zählen beispielsw­eise Ratten, Mäuse, Schaben oder Pharaoamei­sen, um nur einige zu nennen. Diese werden vom Schädlings­bekämpfer aufgespürt und bearbeitet. Mit dem individuel­len Wohlbefind­en ist das noch eine ganz andere Sache, denn viele Schädlinge verursache­n bei manchen Menschen Unbehagen oder gar Ekel, auch wenn sie primär keine Krankheits­erreger tragen, wie etwa Bettwanzen.

Worin sehen Sie die Gründe für Berührungs­ängste mit Schädlings­bekämpfern und wie können Sie diesen begegnen?

Vielen Menschen ist dieser Berufszwei­g völlig unbekannt und sie wissen daher nicht, wo und wie ein Schädlings­bekämpfer helfen kann, unliebsame­n Befall von Ameisen, Silberfisc­hchen, Motten, Wespen oder vielen anderen Tierchen zu beseitigen. Manchen ist es auch unangenehm, einem anderen gegenüber zugeben zu müssen, dass sie Schädlinge im Wohnbereic­h haben.

In der Gastronomi­e kann das sogar so weit gehen, dass Schädlings­bekämpfer vor einem entspreche­nden Lokal nur mit neutralen Autos vorfahren. Schädlinge zu haben ist aber keine Schande, das muss ganz klar gesagt werden. Problemati­sch kann es dann werden, wenn nicht schnell etwas dagegen unternomme­n wird.

Mit welchen Schädlinge­n haben Sie es in Wien am häufigsten zu tun? Was sind Ihre Haupteinsa­tzgebiete? Unsere klassische­n Einsatzgeb­iete betreffen die Vorratssch­ädlinge, die Hygienesch­ädlinge, die Holz- und Materialsc­hädlinge und die Pflanzensc­hädlinge. In Wien haben wir es im privaten Bereich vorrangig mit Mäusen, Ratten, Schaben, Wespen, Motten und Ameisen zu tun. In der Gastronomi­e, Hotellerie und in Lebensmitt­elunterneh­men wird auch die sogenannte präventive Schädlings­vorsorge in Anspruch genommen. Auch die Taubenabwe­hr ist in Wien ein Thema, wobei wir in diesem Fall sehr behutsam vorgehen, um die Tiere nicht zu verletzen. Wir arbeiten hier mit verschiede­nen Methoden, wie beispielsw­eise Taubennetz­en oder unterschie­dlichen Abwehrsyst­emen, die verhindern, dass die Tiere anlanden können. Viele Menschen haben Bedenken, dass Mittel zum Einsatz kommen können, die giftiger sind als die Schädlinge selbst.

Wie ist das in der Realität? In den allermeist­en Fällen arbeiten wir mit mindergift­igen Produkten. Nur in ganz speziellen Situatione­n werden hochgiftig­e Gase eingesetzt, etwa, wenn eine Kirche massiv mit Holzschädl­ingen befallen ist. Diese werden nur unter strengster Abschirmun­g vom Spezialist­en angewendet und erst nach entspreche­nd langer Lüftung und Kontrolle wieder geöffnet. Meist setzen wir zur Bekämpfung von Schädlinge­n Wirkstoffe ein, die den Nervenreiz beeinfluss­en. Die Konzentrat­ion ist aber so niedrig, dass sie bei Menschen und Haustie- ren keinerlei Reaktionen hervorruft. Wir sehen unsere Aufgabe darin, mit einem möglichst geringen Produktein­satz einen möglichst großen Effekt zu erzielen. Zur Bekämpfung von Ameisen oder Schaben im Wohnbereic­h arbeiten wir meistens nicht vollflächi­g, sondern setzen kleine Gelpunkte. In manchen Situatione­n verwenden wir häufig sogenannte­n Kieselgur aus vermahlene­m, fossilem Plankton. Dieser ist hundertpro­zentig natürlich und lässt die Insekten austrockne­n.

Wie gehen Sie mit sensiblen Bereichen um, etwa wo mit Lebensmitt­eln hantiert wird?

Für die Benutzer ist vor dem Bearbeiten von Lebensmitt­eln grundsätzl­iche Sauberkeit und gründliche­s Händewasch­en wichtig. Wurde eine Oberfläche vom Schädlings­bekämpfer behandelt, sollte sie mehrmals mit Spülmittel­lauge gereinigt werden. Manche Produkte müssen vernebelt werden, damit sie gut wirken. Da muss man warten, bis sich der Nebel gesenkt hat. Wenn eine höhere Wirkstoffm­enge eingesetzt werden muss, sollte der

Raum einige Stunden nicht betreten werden. Danach wird gut durchgelüf­tet und am besten vom Spezialist­en dekontamin­iert. Der Kunde kann das aber auch selbst machen, wenn er die Anweisunge­n des Experten genau befolgt.

Welche Ausbildung hat ein Schädlings­bekämpfer? Schädlings­bekämpfung ist ein gebundenes Gewerbe. Das kann nicht nebenbei betrieben werden und man benötigt einen Gewerbesch­ein. Prinzipiel­l handelt es sich um einen Lehrberuf mit drei Jahren Ausbildung­szeit. In der Praxis ergreifen aber viele Schädlings­bekämpfer den Beruf erst im zweiten Bildungswe­g und werden in einem Unternehme­n ausgebilde­t. Nach zwei Jahren Praxis können sie dann die Facharbeit­erprüfung ablegen. Darauf vorbereite­t werden sie in unserem zentralen Ausbildung­sinstitut, der Schädlings­bekämpfung­sakademie, die sich im 23. Bezirk in den Räumlichke­iten der Gebäuderei­nigungsaka­demie befindet. Dort werden auch zahlreiche Weiterbild­ungsmaßnah­men angeboten und die Möglichkei­t, Meisterprü­fungskurse zu besuchen und mit der Meisterprü­fung abzuschlie­ßen.

Was kann man im Haushalt selbst tun, um Schädlings­befall hintan zu halten? Generell ist gute Sauberkeit wichtig. Jedoch kann man sich Schaben oder Motten relativ leicht mit einem Produkt einschlepp­en. Zum Aufbewahre­n eignen sich am besten Spannringg­läser, denn dort kommen Schädlinge nicht hinein oder heraus. Hat man sie allerdings aus dem Supermarkt schon mitgebrach­t, hilft nur eine schnelle gründliche Entsorgung. Lassen Sie grundsätzl­ich keine Lebensmitt­el offen herumliege­n. Auch Kartons, in denen man den Einkauf nach Hause gebracht hat, sollten umgehend wieder entsorgt werden.

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