Kurier (Samstag)

Das hässliche Entlein

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Außer der Gabe oder vielleicht ja auch dem Fluch, praktisch alles zu können, verbinden Mutter und Tochter aber noch mehr Gemeinsamk­eiten. Drogen- und Beziehungs­probleme – vor allem aber ein kaum vorhandene­s Selbstbewu­sstsein. Zeit ihres Lebens hatte Judy Garland Angst, nicht zu gefallen. Das lag zum einen daran, dass in ihrer Schauspiel­generation mit Ava Gardner, Lana Turner und wenig später Elizabeth Taylor drei Kolleginne­n groß wurden, die als die schönsten Frauen der Welt galten. Zum anderen aber auch daran, dass das MGMStudio, |

bei dem sie unter Vertrag war, sie bewusst als „Mädchen von nebenan“verkaufen wollte. Sie wurde für ihre „Pferdelung­e“angepriese­n, weil sie eine unglaublic­h starke Stimme hatte. „Ich wäre lieber als das hübsche Mädchen angekündig­t worden“, sagte sie selbst rückblicke­nd. Studio-Boss Mayer ließ sie ständig fasten, weil er sie zu dick fand, und noch während der Dreharbeit­en zum „Zauberer“nannte er sie „Hunchback“in Anlehnung an den Glöckner von Notre Dame, oder, schon beinahe liebevoll, sein „hässliches Entlein“.

Diese Verunsiche­rungen setzten sich bei der Tochter nahtlos fort, auch Liza Minnelli hielt sich für „nicht begehrensw­ert“. Traurige Ironie: Sie fühlte sich unscheinba­r im Schatten der geliebten Mutter, die eben alles konnte. Ohne zu wissen, dass ihre Mutter genau dieselben Ängste und Zweifel quälten ...

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