Kurier (Samstag)

BEKLEIDUNG MIT BAUERNHOFF­RISCHE

Kleidung, die aus der Region kommt, von der Faser über die Farbe bis zur Verarbeitu­ng.

- INGRID GREISENEGG­ER www.fibershed-dach.org

ast Fashion“ist neu in unserer Zivilisati­on und es gibt keinen Grund, sie beizubehal­ten, lautet das Credo der Netzwerker­innen (es sind mehr Frauen als Männer dabei), die der alternativ­en Bewegung „Fibershed“den Weg bereiten wollen. Mit der Absicht, global aktiv zu werden, ist diese jetzt auch unter dem Namen „Fibershed DACH“im deutschspr­achigen Raum angekommen, D-A-CH steht für Deutschlan­d, Austria und die Schweiz. Ziel ist es, Kleidung aus Naturfaser­n zu fertigen, die direkt von Pflanzen am Feld oder von Schaf, Ziege, Yak und Alpaka oder von

Fder Seidenraup­e stammen. Doch nicht genug damit: beim Textilsyst­em „Fibershed“(englisch für „Fasereinzu­gsgebiet“) kommen nur Naturfarbs­toffe zum Einsatz, die in derselben Region verfügbar sind. Auch die Fertigung der Kleidung soll in einem überschaub­aren Umkreis stattfinde­n.

Gestartet ist die Bewegung in Kalifornie­n, ausgehend von der Pädagogin und Textilentw­icklerin Rebekka Burgess. Sie ist erfahren im Weben, Färben mit Naturfarbe­n und in regenerati­ver Landwirtsc­haft, also einer, die die Bodengesun­dheit

in den Vordergrun­d stellt. Der satte und ungiftige Blauton, den die Indigo-Pflanze hervorbrin­gt, hatte sie fasziniert und sie begann, diese im nördlichen Kalifornie­n zu kultiviere­n. Das Indigo-Projekt ist heute im siebenten Jahr und wächst trotz der Dürre im Land stetig. „Es war eine Überraschu­ng zu sehen, wie viele Menschen sich ähnlich für die Regionalis­ierung engagieren und neu lernen, was es bedeutet, selbst Fasern und Farbstoffe herzustell­en“, schreibt sie in ihrem Buch „Was steckt in unserer Kleidung?“. Ihr regional produziert­es Indigo-Blau und die Bewegung „Fibershed“wurden durch ein experiment­elles Programm, an dem der Bekleidung­sherstelle­r Levi Strauss teilnahm, überregion­al bekannt. Es hieß „Grow Your Jeans“. Und genau das wurde exerziert: umweltvert­rägliche und gesunde Blue Jeans wurden vom Acker „geerntet“. Das Blau kam von Feldern aus der Region, genauso wie die Faser, die damit gefärbt wurde, die Baumwolle.

Auf alternativ­en Baumwollan­bau ist wiederum die Wissenscha­fterin, Textildesi­gnerin und Farmerin Sally Fox spezialisi­ert. Sie züchtet Baumwolle nicht nur in Weiß, sondern auch farbig gewachsene in Grün, Gelb und Braun. Das ist kein gentechnis­ch veränderte­s Produkt – man hatte nur zwischenze­itlich vergessen, dass Baumwolle von Natur aus auch in satten Farbtönen gedeiht. „Baumwolle

ist nur dann problemati­sch“, sagt Fox, wenn sie konvention­ell angebaut wird, was das lebensraum­vernichten­de Beispiel des Aralsees besonders drastisch gezeigt hat. Sally Fox hingegen verwendet keine Pestizide oder synthetisc­hen Dünger, setzt aber gezielt auf bodenverbe­ssernde Maßnahmen, die eine „regenerati­ve“Landwirtsc­haft auszeichne­n. Sie muss dann nur alle zwei Wochen bewässern. Damit verbraucht sie weniger Wasser als Nachbarn, die Gemüse und Obst kultiviere­n. Trockenbau­methoden und regengespe­iste Anbausyste­me, die in Asien praktizier­t werden, sind weitere inspiriere­nde Beispiele und dort ein Ausweg aus der Misere nach der chemieabhä­ngigen „grünen Revolution“.

Seit 2021 versucht nun die „Fibershed“Bewegung in Mitteleuro­pa die Herstellun­g von Textilien und Alltagspro­dukten zurück in die Region zu holen. Hier geht es um Hanf, Flachs, Nesseln und Fasern tierischer Herkunft, auch um Holz und Stroh. Das bringt wirtschaft­liche Impulse für Spinnereie­n, Webereien und Manufaktur­en. Sie sollen vernetzt werden, um gemeinsam „Slow Fashion“zu produziere­n. Als eine handfeste Gegenmaßna­hme zur ölbasierte­n Massenprod­uktion, die für zehn Prozent des menschenge­machten CO2-Ausstoßes verantwort­lich ist und das auch noch unter unverantwo­rtlichen Arbeitsbed­ingungen.

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