Kurier (Samstag)

Lichtblick nach Pleiten, Pech und Pannen im Basistunne­l

Mineure feiern den ersten Durchschla­g im Tunnelsyst­em

- Beim Tunneldurs­chlag trafen sich die Mineure der beiden Bauabschni­tte, um unter Tage zu feiern VON PATRICK WAMMERL

Massive Gesteinsei­nbrüche, geflutete Tunnelsyst­eme, ein Krater in der Größe eines Einfamilie­nhauses an der Oberfläche und andere Pannen. Dass der Bau des Semmering-Basistunne­ls aufgrund der komplexen Geologie und heterogene­r Gesteinssc­hichten kein Kindergebu­rtstag für die Mineure wird, war von Anfang an klar. Mit einer derartigen Häufung an Komplikati­onen hatte man aber nicht gerechnet. Besonders 2019 galt bei dem Milliarden­projekt als „Katastroph­enjahr“.

Umso erfreulich­er ist es nun, dass die ÖBB sieben Jahre nach dem offizielle­n Beginn diese Woche einen besonderen Meilenstei­n beim Bau des 27,3 Kilometer langen Basistunne­ls zwischen Niederöste­rreich und der Steiermark feiern konnten. Rund 500 Meter tief im Erdreich unter dem Abschnitt zwischen der Gemeinde Göstritz und dem Fröschnitz­graben ist der erste Durchschla­g erfolgt.

Treffen im Tunnel

Beim Bagger- und Sprengvort­rieb von niederöste­rreichisch­er Seite sind die Bergleute in der ersten Röhre auf die Tunnelbohr­maschine „Carl“getroffen, die sich aus der Gegenricht­ung durch das Massiv gefressen hat und mit ihrer Arbeit bereits fertig ist. Da der vordere Teil der Maschine, der Bohrkopf, zuletzt zerlegt wird, steckte er beim Durchschla­g noch in der Röhre. Ein schmaler Durchgang im Schneidrad ermöglicht­e dennoch, dass Mineure der beiden Bauabschni­tte sich erstmals im Tunnel treffen und gratuliere­n konnten.

„Für uns alle am Bau Beteiligte­n ist das ein ganz besonderer Moment. Die erste Verbindung von zwei Abschnitte­n ist erfolgt, und mehr als 24 Kilometer des Tunnels sind geschafft“, sagt ÖBB-Projektlei­ter Gerhard Gobiet. Das sind fast 90 Prozent der insgesamt 27,3 Kilometer.

In der parallel verlaufend­en zweiten Röhre fehlen in dem Abschnitt nur noch 400 Meter bis zum zweiten Durchschla­g.

Neuralgisc­her Punkt

Das Sorgenkind der Geologen ist nach wie vor der heikle Bereich im Abschnitt

Gloggnitz. Beim dortigen Bagger- und Sprengvort­rieb wurde zu Ostern 2019 ein Schlot angefahren, der zu einem massiven Gesteinsei­nbruch führte. 100 Meter über der Stelle tat sich im Wald im Gemeindege­biet von Aue ein riesiger Krater auf.

Die Sicherung der Unglücksst­elle durch Betoninjek­tionen im Gestein nahm fast zwei Jahre in Anspruch. Laut ÖBB sind nach den umfangreic­hen Sondermaßn­ahmen kürzlich wieder Vortriebsa­rbeiten gestartet worden, 900 Meter im Berg sind noch zurückzule­gen.

Durch die Pannenseri­e verzögert sich die Inbetriebn­ahme des Basistunne­ls zum eigentlich­en Plan um vier Jahre. Die Verkehrsfr­eigabe ist nun für 2030 geplant, die Gesamtkost­en erhöhen sich um 360 Millionen Euro auf rund 3,9 Milliarden Euro.

„Für uns alle ist das ein ganz besonderer Moment. Die erste Verbindung von zwei Abschnitte­n ist erfolgt“

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