Lichtblick nach Pleiten, Pech und Pannen im Basistunnel
Mineure feiern den ersten Durchschlag im Tunnelsystem
Massive Gesteinseinbrüche, geflutete Tunnelsysteme, ein Krater in der Größe eines Einfamilienhauses an der Oberfläche und andere Pannen. Dass der Bau des Semmering-Basistunnels aufgrund der komplexen Geologie und heterogener Gesteinsschichten kein Kindergeburtstag für die Mineure wird, war von Anfang an klar. Mit einer derartigen Häufung an Komplikationen hatte man aber nicht gerechnet. Besonders 2019 galt bei dem Milliardenprojekt als „Katastrophenjahr“.
Umso erfreulicher ist es nun, dass die ÖBB sieben Jahre nach dem offiziellen Beginn diese Woche einen besonderen Meilenstein beim Bau des 27,3 Kilometer langen Basistunnels zwischen Niederösterreich und der Steiermark feiern konnten. Rund 500 Meter tief im Erdreich unter dem Abschnitt zwischen der Gemeinde Göstritz und dem Fröschnitzgraben ist der erste Durchschlag erfolgt.
Treffen im Tunnel
Beim Bagger- und Sprengvortrieb von niederösterreichischer Seite sind die Bergleute in der ersten Röhre auf die Tunnelbohrmaschine „Carl“getroffen, die sich aus der Gegenrichtung durch das Massiv gefressen hat und mit ihrer Arbeit bereits fertig ist. Da der vordere Teil der Maschine, der Bohrkopf, zuletzt zerlegt wird, steckte er beim Durchschlag noch in der Röhre. Ein schmaler Durchgang im Schneidrad ermöglichte dennoch, dass Mineure der beiden Bauabschnitte sich erstmals im Tunnel treffen und gratulieren konnten.
„Für uns alle am Bau Beteiligten ist das ein ganz besonderer Moment. Die erste Verbindung von zwei Abschnitten ist erfolgt, und mehr als 24 Kilometer des Tunnels sind geschafft“, sagt ÖBB-Projektleiter Gerhard Gobiet. Das sind fast 90 Prozent der insgesamt 27,3 Kilometer.
In der parallel verlaufenden zweiten Röhre fehlen in dem Abschnitt nur noch 400 Meter bis zum zweiten Durchschlag.
Neuralgischer Punkt
Das Sorgenkind der Geologen ist nach wie vor der heikle Bereich im Abschnitt
Gloggnitz. Beim dortigen Bagger- und Sprengvortrieb wurde zu Ostern 2019 ein Schlot angefahren, der zu einem massiven Gesteinseinbruch führte. 100 Meter über der Stelle tat sich im Wald im Gemeindegebiet von Aue ein riesiger Krater auf.
Die Sicherung der Unglücksstelle durch Betoninjektionen im Gestein nahm fast zwei Jahre in Anspruch. Laut ÖBB sind nach den umfangreichen Sondermaßnahmen kürzlich wieder Vortriebsarbeiten gestartet worden, 900 Meter im Berg sind noch zurückzulegen.
Durch die Pannenserie verzögert sich die Inbetriebnahme des Basistunnels zum eigentlichen Plan um vier Jahre. Die Verkehrsfreigabe ist nun für 2030 geplant, die Gesamtkosten erhöhen sich um 360 Millionen Euro auf rund 3,9 Milliarden Euro.
„Für uns alle ist das ein ganz besonderer Moment. Die erste Verbindung von zwei Abschnitten ist erfolgt“